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■ Dr. Bens Tele-TerrorSchlimmer als der gespielte Witz

Schon als Kinder gehen sie allen auf die Nerven. Einige wenige Mitmenschen haben ihnen unterstellt, sie seien „drollig“ (der Vater), „keß“ (die Nachbarin) und „ganz schön vorlaut“ (Oma). Derart gestärkt, glauben sie, zur Stimmungskanone geboren zu sein, lernen schlechte Witze auswendig und verteidigen jahrelang erfolgreich ihre Stellung als Klassenkasper. Sie quatschen jeden nieder, landen beim Radio, heißen Jochen Bendel und bekommen selbstverständlich ihre eigene Fernsehsendung. Die heißt dann „Dr. Bens Tele-Terror“ und läuft seit Sonntag im Kanal 4 auf Sat.1 und RTL.

In „Dr. Bens Tele-Terror“ ist alles, selbst die Werbespots aus einer schon schimmeligen Cannes-Rolle, komischer als der Showmaster: Jochen Bendel trägt einen weißen Kittel, eine rote Perücke und grüne Kunstfellhandschuhe und ist folgerichtig in der Gestalt eines irren Wissenschaftlers unterwegs.

In dieser Aufmachung stürzt er in einen Supermarkt („Ich bin vom Fernsehen!“) und ruiniert den einzigen brauchbaren Scherz an diesem Abend. „Wußten Sie eigentlich“, fragt er mit Helge Schneider- ähnlichem Akzent, „daß für eine Dose Schuhcreme 500 Frösche sterben müssen?“ Ganz recht: Bendel hält eine Dose „Erdal“ in die Kamera – aber leider, leider muß diese Pointe gleich nochmal für die „WC-Ente“ und „Bärenmarke“ herhalten.

So funktionierten auch die Erzählungen der allseits gefürchteten Witzereißer auf Betriebsfeiern: die Pointe wiederholen („Mittwoch“, höhö! Mittwoch, verstehste, sagt er, Mitt-woch!“), bis auch der Witzresistenteste unter den Anwesenden endlich ein gequältes Lächeln von sich gibt. Damit endlich Schluß ist.

Wie Komik ensteht, davon weiß Bendel nichts. Denken kommt bei ihm nur im Namen seiner Firma vor, der „Think! mediengesellschaft mbH“. Denn was ist amüsant dabei, wenn „Dr. Ben“ einen Schönheitstest durchführt, der zum Verschwinden des häßlicheren Probanden führen soll, auf einen Knopf drückt und nunmehr selbst aus dem Bild geht? Jeder „gespielte Witz“ mit Dieter Hallervorden hat mehr Geist als Bendels langatmige Inszenierungen.

Noch siebenmal wird Bendel mit seinen grünen Handschuhen in der Luft herumfuchteln, uralte Themen wie die alternative Landkommune wieder aufwärmen und seinen Charakter als „alles andere als familientauglich“ anpreisen. Doch dieses Gütesiegel, „nicht familientauglich“, soll er nicht in Anspruch nehmen dürfen. „Dr. Ben“ ist nämlich genau das richtige Anschauungsmaterial für die zehnjährige Nervensäge, die ihre Familie als Komiker traktiert und nicht mehr gestoppt werden kann.

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