: Down-Syndrom
■ betr.: "Russisches Roulette mit Schwangeren", taz vom 6.3.92
betr.: „Russisches Roulette mit Schwangeren“ und zugehöriger Kommentar, taz vom 6.3.92
Es darf nicht wahr sein! Über eine halbe Seite befaßt sich Eva Schindele mit einem Test für das Down-Syndrom, ohne wirklich zum Kernproblem vorzudringen: der Einteilung von Ungeborenen in lebenswert bzw. lebensunwert. Der eigentliche Skandal liegt mit Sicherheit nicht darin, daß an dem nichtsaussagenden Triple Test schamlos verdient und Frauen verunsichert werden, sondern darin, daß es überhaupt solche Tests gibt.
Menschen mit einem Down-Syndrom sind ohne Zweifel fähig, ein weitgehend eigenständiges Leben zu führen, mit Stärken und mit Defiziten, wie wir alle.
Daß es in unserer Gesellschaft schwierig ist, mit Kindern mit Behinderungen zusammenzuleben, liegt ursächlich nicht an ihnen, sondern an der Ausgrenzung und Stigmatisierung von allen nicht „normalen“, daher im Produktionsprozeß nicht verwertbaren Menschen.
Anstatt diesen Normalitätswahnsinn mitzubetreiben, indem z.B. der Artikel eingeleitet wird, durch eine Frau, die fassungslos ist über das wahrscheinliche Down-Syndrom ihres Neugeborenen, ohne daß diese Fassungslosigkeit hinterfragt würde, stünde es der taz besser an, engagiert gegen gesellschaftliche Ausgrenzung und Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen anzugehen. Uwe Honecker
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen