Dortmund leidet für Hannover: Neonazis greifen DGB-Maidemo an
Nach dem Verbot des Aufmarschs in Hannover weichen die "Autonomen Nationalisten" auf Dortmund aus. Dort attackieren sie eine Kundgebung des DGB.
BERLIN taz | Noch am Vorabend des 1. Mai hatte Eberhard Weber, Regionschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes von Dortmund, die dortige Polizeiführung über seine Erkenntnisse informiert. Auf den einschlägigen Internetseiten der Neonazis sei zu lesen gewesen, dass nach dem endgültigen Aufmarschverbots in Hannover die Neonazis auf andere Städte ausweichen könnten.
Dortmund könnte betroffen sein, befürchtete Weber. So kam es dann auch. Während in Hannover 20.000 Menschen den juristischen Erfolg feierten, griffen 300 gewaltbereite Rechtsextremisten aus dem Spektrum der "Autonomen Nationalisten" mit Steinen und Stangen die 1. Mai-Kundgebung des DGB in Dortmund an. Mindestens ein Dutzend Verletzte gab es. "Wir wurden völlig überrascht", berichtet Weber.
Führende Mitglieder der rechtsextremen "Celler Kameradschaft 73" und ehemalige NPD-Funktionäre hatten zu einem Aufmarsch in Hannover geblasen. Doch die Stadt Hannover hatte den Aufmarsch im Vorfeld verboten mit der Begründung, durch die Demonstration seien erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu befürchten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab der Stadt am Donnerstag in einem Eilverfahren Recht.
Noch am gleichen Abend riefen die Neonazis übers Internet dazu auf, Ausweichorte anzusteuern. Rund 100 Neonazis störten nach Polizeiangaben am Freitag die Maikundgebung der Gewerkschaften in Rotenburg/Wümme. In Friedland bei Göttingen kam es zu einem spontanen Aufmarsch der Rechtsextremisten, bei der es der Polizei gelang, 35 Neonazis festzunehmen.
Unabhängig von dem gescheiterten Aufmarsch in Hannover demonstrierten zudem rund 1.000 Neonazis in Ulm, wo es nach Auseinandersetzungen zwischen Polizei und linken Gegendemonstranten ebenfalls zu Verletzten kam. Und auch in Mainz marschierten am 1. Mai die Rechtsextremisten.
Doch nirgends war die Polizei so überrascht wie in Dortmund. Die Einsatzleitung sei davon ausgegangen, dass die Rechtsextremisten auf den Weg nach Siegen waren, rechtfertigte sich ein Polizeisprecher am Samstag. Die Dortmunder Polizei habe sich in der Tat auf den Weg dahin befunden, berichtet auch DGB-Regionalchef Weber. Erst als Hundertschaften aus anderen Städten gerufen wurden, gelang es, die Neonazis in der Dortmunder Innenstadt festzunehmen. Gegen 280 von ihnen wird nun des Verdachts auf Landfriedensbruch ermittelt.
Die "Autonomen Nationalisten" gelten als besonders gewaltbereit. Sie kopieren nicht nur die spontanen Aktionsformen der linken Autonomen, sondern treten mit Kapuzzenpullovern und Sonnenbrillen auch optisch ähnlich auf. In Dortmund gibt es besonders viele von ihnen.
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