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Doppelpaß mit Werdi

■ SV Werder und das Bremer Theater werben gemeinsam um mehr Zuschauer, um die Ränge in Ostkurve und Schauspielhaus zu füllen

Ja, wie denn nun? Willi Lemke, Werders umtriebiger Manager, lobpreist im „Aktuellen Sportstudio“ die jüngste „Anatevka“-Inszenierung in Bremen? Klaus Pierwoß, Bremens bäriger Intendant, im Theaterleben ganz in sich ruhende Künstlerseele, feuert „Vladi, Vladi“-Rufe ins Rund des Weserstadions? So kann's kommen, und so wird's auch kommen, wenn das erste Theater und der erste Sportclub am Platze gemeinsame Sache machen. Zwecks vereinter Publikumswerbung haben die beiden ein Paket, ach was: eine wahre Wundertüte geschnürt, voller Ideen, wie Sport und Kultur miteinander kooperien können. Ziel: Der freie Fluß der Zuschauer von der Ostkurve in die Ränge am Goetheplatz bzw. eben umgekehrt.

Mit Vergünstigungen für die Fans wollen beide Clubs ab sofort Publikum ins eigene Haus „rüberziehen“. So formulierte es Lemke gestern gewohnt schneidig auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Beispiel: Die Inhaber einer geplanten „Werder-Card“ erhalten bei ausgewählten, d.h. nicht ausverkauften Theatervorstellungen 20 Prozent Preisnachlaß; umgekehrt ergeht es den Theaterabonnenten, wenn sie mal ins Stadion wollen. Der Werder-Fan-Club soll mit Angeboten wie einem „Schminkwettbewerb für die beste grün-weiße Maske“ behutsam an die Theaterwelt herangeführt werden. Und pro Heimspiel (Werder) verschenkt das Theater (Bremen) sogar zwei Freikarten an die 30.000 Stadiongäste. Besser noch: Pro Treffer (Werder) legt Pierwoß (Theater) noch je ein Ticket drauf. Und, und, und...

Ein „verblüffendes Kombinationsspiel“, das Pierwoß und Lemke gestern der Presse vorstellten. Wortgewandt schraubten beide gestern Metaphern, um die zwingende Notwendigkeit des gemeinsamen Tuns zu illustrieren. Pierwoß bekannte sich zum Besitz einer Stadiondauerkarte; Lemke betonte das kulturelle Engagement Werders für Kunst, Musik und nun auch noch fürs Theater; sowieso fänden ja Theaterleute generell, daß „Theater sein muß wie Fußball“ (Pierwoß) – was auch immer damit gemeint ist, es muß wohl so sein.

Und sein muß es wohl auch; schließlich hatte Pierwoß schon vor seinem Amtsantritt eine „Öffnung des Theaters“ zum Rest der Welt versprochen. Mit dem Weserstadion fängt er nun schon mal an. Dort sollen sich symbolträchtig die Symboltiere beider Sparten paaren: Zum Auftakt der Rückrunde, wenn Werder gegen die Dresdner Dynamos anrennt, sollen die Maskottchen „Werdi“ und „Rotkopf“, Werders Möwe und Pierwoß' Hähnchen, in einer kleinen Szene im Stadion „Freundschaft miteinander schließen“. Trainer Otto Rehagel verspricht im Gegenzug, dem Theater künftig bei fußballrelevanten Stücken als „fachlicher Berater“ beizustehen. Im V.I.P.-Bereich des Stadion wird das Theater „mit dekorativen Gestaltungen“ präsent sein. So geht es immer und immer weiter: Werder schaltet Anzeigen im Programmheft des Theaters; das Theater erhält „redaktionellen Raum“ im „Werder Echo“, wo Kolumnist Willi Lemke Neues aus dem Theaterleben erzählen will... Und alles, so Pierwoß, sei nur „ein erster Anlauf“, der durch weitere Einfälle „ständig ausbaufähig ist.“ tw

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