■ Doping: Urteil mit Augenmaß
Berlin (taz) – Als Diego Maradona während der WM in den USA mit einer unzulässigen Dosis Ephedrin im Körper ertappt wurde, überschlugen sich die Kommentatoren in der Verdammung des „Betrügers“, zumeist wurde eine lebenslängliche Sperre für den „Wiederholungstäter“ gefordert, obwohl niemand ernsthaft annahm, daß sein Kokainkonsum in Italien, der ihm 15 Monate Fußballverbot einbrachte, der Leistungssteigerung gedient hatte. Die erneute 15monatige Sperre wurde, außer in Argentinien, fast durchweg als zu mild kritisiert.
Im Falle Roland Wohlfarth, der sich genau dasselbe Vergehen wie Maradona erlaubte, hört sich alles erheblich gemäßigter, sprich: vernünftiger an. Auch der Stürmer des VfL Bochum, wie Maradona zeitlebens mit Gewichtsproblemen behaftet, hatte ohne ärztliche Konsultation einen rezeptfreien Appetitzügler erworben, der das auf der Dopingliste stehende Norephedrin enthielt. Vom DFB-Sportgericht wurde der 32jährige nun zu einer achtwöchigen Sperre verurteilt, von der er vier Wochen bereits während der Winterpause absaß.
„Ich habe den Appetitzügler genommen, mir aber nichts dabei gedacht, weil es für mich ein sauberes und harmloses Mittel war“, sagte Wohlfarth, dem vom Sportgerichtsvorsitzenden Schuberth „grobes Fehlverhalten in der Apotheke“ vorgehalten wurde. Immerhin sei die Konzentration der Substanz fünfmal höher als erlaubt gewesen. Der Sachverständige Kindermann erklärte jedoch, daß der Appetitzügler kein geeignetes Dopingmittel sei, und auch der Kontrollausschuß-Vorsitzende Hilpert räumte ein: „Niemand hier in diesem Kreise ist wohl der Meinung, daß Wohlfarth sich gezielt dopen wollte.“ Ergebnis: „Ein Urteil mit Augenmaß.“ (Hilpert)
Nicht gestellt, geschweige denn beantwortet, wurde die Frage, was eigentlich ein starkes Aufputschmittel in einem Appetitzügler zu suchen hat.Matti
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