■ Donatella Di Rosa, „Mata Hari“ der Gerüchte, verhaftet: Regenbogen-Putsch?
Rom (taz) – Donatella Di Rosa, die mit ihren Aussagen über Treffen rechtsextremistischer Waffenhändler und putschwilliger Generäle Italien in Atem gehalten hatte, wurde samt Ehemann während einer Pressekonferenz in Udine verhaftet.
Nach Ansicht des Untersuchungsrichters Pierluigi Vigna hat sich die Frau, unterstützt von Gemahl Aldo Michittu, zu Unrecht einer Straftat bezichtigt und hohe Offiziere so massiv angeschwärzt, daß einige davon ihren Hut nahmen oder in die Hand gedrückt bekamen. Die schnell zur „Mata Hari“ erklärte Frau hatte überdies behauptet, der vor siebzehn Jahren angeblich bei einem Unfall in Spanien umgekommene Rechtsterrorist Gianni Nardi sei in Wirklichkeit fröhlich am Leben und werkle als internationaler Waffendealer. Auch der in Deutschland unbehelligt lebende, in Italien wegen Beteiligung an einem Zugattentat zu 22 Jahren verurteilte Friedrich Schaudinn sei mit von der Partie gewesen.
Die Generalität atmet nach der Verhaftung hörbar auf – „man habe die Nachricht schon früher erwartet“, sagte der von Frau Di Rosa offenbar zeitweise als ihr Ex- Liebhaber erpreßte hochdekorierte General Franco Monticone. Und der auch wegen seiner Verteidigung des vom Verteigigungsminister Fabbri geschaßten Vorgesetzten Monticones zurückgetretene Generalstabschef Goffredo Canino (dem allerdings auch noch ungehörige politische Reden zur Last gelegt werden) „ist neugierig, was der Minister jetzt tut“.
Ganz so einfach ist jedoch die Sache offenbar nicht. Untersuchungsrichter Vigna – ein erfahrener Terrorismusspezialist – sagt ausdrücklich, daß er zur Verhaftung „gezwungen gewesen sei“: Ein Vergleich der Fingerabdrücke der – seinerzeit einbalsamierten – Leiche Mardis mit Archivmaterialien habe die Identität des Mannes „zweifelsfrei bestätigt“. Haltlos – und damit kriminell – sei die von Frau Di Rosa gegenüber der Mutter des Rechtsextremisten erhobene Anschuldigung, Frau Nardi habe die Leiche „wider besseres Wissen als die ihres Sohnes ausgegeben“, um diesem, wegen mehrerer Terroranschläge gesucht, das Untertauchen zu ermöglichen. Vigna räumt freilich ein, daß der spanische Untersuchungsrichter noch immer „erhebliche Zweifel an der Identität der Leiche“ hegt.
Daß Donatella Rosa eher eine Figur der Regenbogenpresse denn eine jederzeit glaubwürdige Zeugin ist, kann man nur schwer von der Hand weisen – ihre Erpressungsversuche sind amtsbekannt. Doch wer sich am Tag nach ihrer ersten großen Einlassung im Fernsehen den früheren Generalstabschef Capuzzo – heute christdemokratischer Senator – bei der Verteidigung seiner Offizierskameraden angehört hat, bekam ebenfalls kalte Schauer über den Rücken. „Wir müssen wieder Recht und Ordnung herstellen“, brüllte er den Moderator an, „die Generalität kann nicht länger zusehen, wie Italien verfällt.“ Entwarnungstöne scheinen also verfrüht. Luciano Violante, Vorsitzender der parlamentarischen Antimafia-Kommission, der früher als Untersuchungsrichter ebenfalls Putschisten hat auffliegen lassen, sieht nur zwei Alternativen: „Entweder Frau Di Rosa hat substantiell recht. Dann stehen wir vor einer überaus gefährlichen politischen Situation. Oder sie lügt – dann muß sie aber jemand mit einem enormen Wissen über Gewohnheiten und Treffen hoher Offiziere ausgestattet haben. Da wäre dann zu fragen, wer sie losgeschickt hat, um das recht erfolgreiche Destabilierungsmanöver der Frau in Szene zu setzen – und warum.“ Armee und Geheimdiensten stehen wahrscheinlich doch noch einige ungute Nachfragen ins Haus. Werner Raith
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