■ Das Portrait: Dominique Voynet
Die französischen Grünen haben keine Parteivorsitzenden, ihre Führung ist ein vierköpfiger SprecherInnenrat. Dennoch galt einer der vier, Antoine Waechter, als eigentlicher Chef von Les Verts. Damit ist es nun vorbei: Bei der Erneuerung des Nationalrates erhielt die Liste von Dominique Voynet 12 Prozent mehr als die von Waechter.
Seit Januar steigt Voynets Einfluß in der Partei, damals wurde die 34jährige neben Waechter, Andrée Buchmann und Didier Anger zur Sprecherin gewählt. Die Anästhesistin sagt von sich selbst, daß sie „eine große Klappe“ hat. Waechter findet sie „starr und überzeugt, die Wahrheit zu besitzen. Dabei müssen wir die Debatte ausweiten und das Erbe einer Linken antreten, die liberal geworden ist.“
Wenn Antoine „ja“ sagt, ist fast gewiß, daß Dominique vehement für ein Nein kämpfen wird, oder umgekehrt. So war es in Sachen Maastricht: Voynet forderte die Partei auf, „das Nein zu wagen“, da Maastricht die Abgrenzung des „Europas der Reichen gegen das Europa der Armen“ besiegle. So ist es auch bei der strategisch wichtigen Frage, ob sich die Grünen mit der Schwesterpartei Génération Ecologie auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 1995 festlegen sollen. Voynet ist dafür, Waechter dagegen. Gemeinsam ist ihnen, daß beide diese Kandidatur für sich selbst nicht ausschließen. Zunächst will Voynet jedoch, daß „das Bild der Grünen abwechslungsreicher wird“.
Voynet stützt sich auf die Gruppe Les Verts au pluriel, die als linker Flügel gilt und scharfe Kritik an der Partei übt: „Anstatt ein wirkliches alternatives Projekt zu erarbeiten, bleiben wir ein gemeinnütziger Verein.“
Foto Nr. 25
Foto: taz-Archiv
Der Partei sei es nicht gelungen, ihre Wahlerfolge „und ihr ungeheures Potential fruchtbar werden zu lassen“. Tatsächlich stagniert die Zahl der Mitglieder bei 5.600.
Dominique Voynet ist eine alte écolo, mit 16 kämpfte sie gegen das AKW Fessenheim. Sie gründete 1984 die Partei mit. Aus dem Europaparlament rotierte sie 1991 weg, heute sitzt sie im Stadtrat von Dôle (Jura) und im Regionalparlament der Franche- Comte. Im März erhielt sie erstmals einen Anruf von der Regierung, die bei einigen Grünen vorfühlte, ob sie ein Ministerium übernehmen würden. „Wir haben das nicht sehr ernst genommen“, sagt Voynet. Für sie war es gewiß nicht das letzte hochrangige Angebot. Bettina Kaps
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