■ Dokumentation: Grüne "bereit zur Aufgabe"
Dokumentation
Grüne „bereit zur Aufgabe“
Walter Ruffler, einziger Vertreter funamentalistischer Positionen in der grünen Bürgerschaftsfraktion hat seine Kolleg Innen mit einer Halbzeit-Bilanz der Ampelregierung überrascht, die ausschließlich positiv ausgefallen ist. Wir dokumentieren Auszüge.
Auf der Fraktionssitzung am 30.8. habe ich mich bereit erklärt, eine ausschließlich positive Ampelbilanz zu erstellen. Es ist gelungen. Ich verhehle nicht, daß ich dem Ampel-Modell anfangs skeptisch gegenüberstand, doch zur Skepsis besteht nach zwei Jahren kein Anlaß mehr. Die Grünen sind auf ihrem Weg, eine völlig normale Partei zu werden, ein gutes Stück vorangekommen. Festzustellen sind Realitätsgewinn, Erwachsenwerden, zunehmender politischer Professionalismus, Abbau von Illusionen, Abschied von dem naiven Glauben, alles sei machbar und am besten schon vorgestern. Eine entsprechende Überarbeitung der grünen Programmatik steht auf der Tagesordnung.
Die informationelle Differenz zwischen Führungs-Team und Parteibasis nimmt zu, ebenso der Unterschied hinsichtlich Problembewußtsein und Entscheidungskompetenz. Die Parteibasis spürt das instinktiv und möchte nicht länger im Wege stehen, sie weicht Beschlüssen aus, die im Widerspruch zur Auffassung des Führungs-Teams stehen könnten. In der Regel werden beschlußfähige Mitgliederversammlungen vermieden, und die Abgabe von unverbindlichen Stimmungsbildern wird bevorzugt. Auf diese Weise bleibt die für Regierungshandeln notwendige Flexibilität erhalten.
Ansätze von unkonventionellem politischen Verhalten im Landesvorstand können durch regelmäßige Teilnahme/Supervision von mindestens einem Mitglied des Fraktionsvorstandes im Rahmen gehalten werden.
Die Kopfgeburt des „Primats der Ökologie“ (Ralf Fücks) erwies sich als wenig lebenstüchtig und wurde abgelöst durch die Idee der Versöhnung von Ökologie und Ökonomie. Dieses Kunststück scheint gelungen, dafür ein paar Beispiele:
— Durch die Erweiterung der Betriebszeiten des Flughafens werden beträchtliche Schadstoffemissionen vermieden, die sonst durch tausende von individuellen Autofahrten zu dem Flughäfen Hannover und Düsseldorf angefallen wären.
hier Kopf
— Durch die geplante Vollendung des Autobahnrings um Bremen incl. Klöcknertunnel werden aufgrund der Vermeidung des Umweges über das Bremer Kreuz jährlich tausende von LKW-Kilometern eingespart, was den umweltschädlichen Abrieb an Autoreifen und Bremsbelägen erheblich reduziert.
— Eine ausgesprochen unkonventionelle Herangehensweise stellt die Schwerölsubstitution durch Plastikbecher im Hochofenprozeß bei Klöckner dar. Zum einen könnte der gesamte Plastik-Wertstoff der Republik zur Roheisengewinnung eingesetzt und zugleich ein enormer Entlastungseffekt für die Umwelt durch Verminderung der Schwerölverbrennung erreicht werden. Durch Kostenentlastung der Klöckner-Hütte werden Arbeitsplätze gesichert. Wir dürfen uns neuen Sichtweisen nicht verschließen, nur weil sie der tradierten grünen Programmatik zuwiderlaufen, sie quasi auf den Kopf stellen. Wir stehen vor einer Renaissance der Plastik-Produkte. Zugespitzt könnte man formulieren, daß der Plastikbecher als Nationalsymbol den Steinadler ablösen und der Becher am Band an die Stelle des Bundesverdienstkreuzes treten könnte. Walter Ruffler
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