Dokumentation: Verwaltungsreformohne Konzept
■ Die LAG Soziokultur zum Streit über die künftige Kulturförderung in Bremen
Nach einem Ratschluss des Senats soll (unter anderem) in der Kultur in den nächsten Jahren rabiat gespart werden. Zurzeit fehlen im Kulturetat 2000 mindestens sieben Millionen Mark. Ab 2002 dürfte der Fehlbetrag deutlich höher liegen. Nach Bekanntwerden dieser Zahlen haben mehrere Kulturorganisationen ihren Protest angemeldet. Jetzt skizziert auch die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziokultur, die mehr als ein Dutzend Einrichtungen vertritt, die Folgen dieser Kürzungspläne. Dabei beruft sie sich auch auf die Unternehmensberatung McKinsey, die in ihrem Gutachten vor fast zwei Jahren auf die lebendige freie Szene hingewiesen und festgestellt hatte, dass da nicht mehr viel zu sparen ist.
Noch verfügt die Stadt Bremen über ein vielfältiges, auch in die einzelnen Stadtteile hineinreichendes kulturelles und kulturpädagogisches Angebot – ein Angebot, das sogar die McKinsey-Gutachter hervorgehoben haben. Damit könnte es bald vorbei sein, wenn das, was aus der Kulturbehörde kolportiert wird, Wirklichkeit wird. Denn dann drohen, so Kultursenator Bernt Schulte (CDU), dem ohnehin chronisch unterfinanzierten kulturellen Sektor sogar „schmerzliche Schließungen“.
Treffen wird es – wenn es denn so kommt – in erster Linie die freie Szene und die soziokulturellen Einrichtungen – eben alle, die keine feste Absicherung haben. Deshalb sieht sich die LAG veranlasst, den Senator darauf hinzuweisen, dass ihre Einrichtungen weitere Einsparungen nicht mehr verkraften. Nachdem in den letzten Jahren bereits eine Sparquote von 38 Prozent erbracht worden ist, hat auch McKinsey bestätigt, dass in diesem Bereich kein Sparpotenzial mehr zu mobilisieren ist.
Die meisten Einrichtungen können ihren Bestand auf der Basis der aktuellen Förderung ohnehin nur sichern, weil die dort Beschäftigten tarifungebunden entlohnt werden und viel ehrenamtliche Arbeit geleistet wird. Weitere Kürzungen würden für etliche Einrichtungen das Aus bedeuten – und damit die Zerstörung einer mittlerweile 20-jährigen Tradition soziokultureller Arbeit in unserer Stadt. Das käme einer kulturpolitischen Bankrotterklärung gleich.
Die LAG Soziokultur kritisiert, dass die – überaus teure – Umstrukturierung der Kulturbehörde noch immer keinem erkennbaren Konzept folgt und bis jetzt auch keine effizienten neuen Strukturen geschaffen worden sind. Wohl aber besteht die Befürchtung, im Zuge dieses Reformprozesses die fachlich qualifizierten Gesprächs-partnerInnen in der Behörde zu verlieren.
In der Presse (taz vom 5.11.99; Anm. d. Red) war zu lesen, dass die Behörde auf der Grundlage eines so genannten „strategischen Entscheidungsbaumes“ zu konkreten Einsparvorschlägen gelangen will. Die LAG warnt davor, dass ein solches Vorgehen keineswegs die notwendige inhaltliche Diskussion um kulturpolitische Entscheidungen beziehungsweise Schwerpunktsetzungen ersetzen kann. Sie bittet den Senator um eine klärende und parteinehmende Stellungnahme und bekundet gleichzeitig ihre Bereitschaft zur Kooperation und zum konstruktiven Gespräch.
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