Dokudrama "Der Serienmörder Horst David": Mörder ohne Motiv
Warum tötete er? Das Dokudrama "Der Serienmörder Horst David" - mit Ulrich Tukur in der Hauptrolle - gibt darauf keine Antwort (Fr, 21.45 Uhr, ARD)
Mörder gehen immer, wird sich der NDR gedacht haben - Serienmörder? Noch besser! Ulrich Tukur als Hauptdarsteller und dann noch dieser Briefwechsel zwischen der Drehbuchautorin und dem Täter?
Klingt doch sehr authentisch. Geben wir dem "Mann, dem die Frauen vertrauten: Der Serienmörder Horst David" den Platz am Freitag um 21.45 Uhr! Damit hat der NDR weder sich selbst noch den Zuschauern einen Gefallen getan.
Er habe wissen wollen, wie es dazu kommen konnte, dass der Malermeister Horst David sieben Frauen ermordete, sagt Regisseur Walter Harrich. Und wie er dann mit dieser Schuld umgegangen sei. Aber sein Film gibt darauf keine rechte Antwort. Vielleicht liegt der Ursprung des Problems im vagen Ausgangsinteresse der Drehbuchautorin und Ehefrau des Regisseurs, Danuta Harrich-Zandberg: Aufgemerkt habe sie nicht etwa wegen der Geständnisse von David oder der hohen Opferzahl: Nein, dass er auf einem Zeitungsfoto so unauffällig ausgesehen habe, hat sie interessiert. Vielleicht hätte ihr jemand sagen sollen, dass Serienmörder meistens unauffällig aussehen.
David hat zwischen 1975 und 1993 sieben Frauen getötet, 1975 innerhalb von drei Tagen zwei Prostituierte, in den folgenden Jahren fünf alte Frauen, bei allen hat er nach der Tat nach Geld gesucht. Die Polizei schließt nicht aus, dass er mehr Morde begangen hat. Er sagte in den Verhören, dass die Prostituierten mehr Geld als abgemacht von ihm verlangt hätten, die anderen Frauen, die er teils über Renovierungsarbeiten kannte, hätten sich geweigert, ihm Geld zu leihen.
Er führte ein unauffälliges Leben: gelernter Maler, verheiratet in Regensburg, zwei Kinder. Von den Abwesenheiten, für die er Geld, viel Geld brauchte, wusste nur seine - später geschiedene - Ehefrau. Im Prozess wird David aussagen, dass sie kalt und geizig gewesen sei und er bei den Morden ihr Gesicht vor sich gesehen habe. Dort kommt auch seine Kindheit zur Sprache: Die Mutter hatte ihn auf der Flucht in den Westen auf einem Bahnhof sich selbst überlassen, er wuchs im Waisenhaus auf. Dort sei es ihm gut gegangen, sagt er. Der Suchdienst ermittelte seine Mutter in Cuxhaven - doch die antwortete kaum auf seine Briefe, besucht hat sie ihn nie.
Davon erfährt der Zuschauer in Harrichs Film nichts. Eigentlich erfährt er auch nichts von dem ausgedehnten Briefwechsel zwischen David und der Drehbuchautorin. Ein Satz wird zitiert: "Es gibt Menschen, die sind zum Heilen und Helfen geboren, andere zum Vernichten." Das ist es. Stattdessen sieht man Ulrich Tukur in ausgedehnten Sequenzen beim Morden, gern auch rot unterlegt. Man hört Nachbarn und Arbeitgeber immer wieder versichern, wie unauffällig David gewesen sei, und sieht den ermittelnden Kommissar - Josef Wilfling spielt sich selbst - Gänge entlanggehen. Was das über David verrät? Wenig. Auf den Erkenntniswert des Films angesprochen, sagt Wilfling Erhellendes: Dass einige von Davids Morden nicht als solche erkannt, sondern für natürliche Todesfälle gehalten wurden, zeige vor allem eines - die Notwendigkeit professioneller Leichenschauen. Aber um das zu kapieren, hätte man einen anderen Film drehen müssen. FRIEDERIKE GRÄFF
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