Doch noch gelungener Abschied: Stoiber geht zum Städtele hinaus
Kanzlerin Merkel hat den Ex-Bayernchef mit Lobeshymnen verabschiedet. Edmund Stoiber revanchierte sich: Ohne die CDU wäre die CSU nur eine rechte Splitterpartei.
Jetzt hat es doch noch geklappt. Edmund Stoiber ist einigermaßen würdevoll verabschiedet worden in der Hauptstadt. Mit Pauken und Trompeten, wie es zu einem früheren Bayernregenten passt. Und mit einem freundlichen Grußwort der Kanzlerin, wie es ein ehemaliger Kanzlerkandidat der Union verdient, der - man hat es fast vergessen - bei der Wahl 2002 besser abschnitt als Angela Merkel im Jahr 2005.
Was Stoiber wohl am meisten freute: Bei seinen überraschenden, von ihm so noch nie gehörten Anmerkungen zur Rolle der CSU in Deutschland bekam er in der bayerischen Vertretung endlich wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums.
Beachtung als Lebenselixier des Machtmenschen - zuletzt war sie ihm verwehrt geblieben: Als Stoiber vor zwei Wochen in der Bundestagsfraktion der Union aufkreuzte, um Lebewohl zu sagen, interessierte sich dafür niemand, denn am selben Tag verkündete Franz Müntefering seinen Rücktritt. Die Kanzlerin war abgelenkt und verschwand schnell durch den Hinterausgang. Stoiber musste ihr nacheilen, um wenigstens noch einen Händedruck zu ergattern.
Noch schlimmer erging es Stoiber, als er seinen neuen Job als Bürokratieabbau-Berater der EU in Brüssel antrat. Die internationale Presse notierte das Ereignis so gut wie überhaupt nicht, die deutsche nur mit spöttischen Kommentaren. Kein Wunder: Man hatte ihn abgespeist. Statt des gewünschten großen Stabes nur ein kleines Büro mit drei Mitarbeitern, Sekretärin inklusive. Und mit Industriekommissar Günther Verheugen auch noch ein Sozi als Vorgesetzter. Tapfer erklärte Stoiber, vor ihm liege "Sisyphosarbeit". Doch er schien alles andere als glücklich. "Nicht vergnügungssteuerpflichtig" nannte er die Aufgabe in Brüssel. Es ist die einzige, die er noch hat.
Umso mehr muss es Stoiber genossen haben, dass ihm jetzt, am Montagabend beim Empfang der CSU-Landesgruppe in Berlin, noch einmal viele wichtige Menschen vom Bundestagspräsident bis zum FDP-Chef die Ehre ihrer Anwesenheit erwiesen. Und dass die Frau, die heute seinen Traumjob hat, daran erinnerte, wer einst das Sagen hatte. Über ihre erstes Treffen mit Stoiber vor vielen Jahren sagte Merkel: "Wir sind uns begegnet, das heißt, ich dir damals mehr als du mir." Beachtung - das war seinerzeit ein Geschenk, das er zu verteilen hatte. Voller Bewunderung habe sie Stoibers Beharrlichkeit bei Verhandlungen studiert, sagte Merkel und erklärte die Erfolge der CSU in Stoibers Amtszeit so: "Ihr habt euch nicht dem Zeitgeist gebeugt. Aber ihr wusstet, wo der Geist der Zeit ist. Dieser kleine Unterschied macht euch mehrheitsfähig."
Stoiber revanchierte sich mit einem Kompliment an Merkel, die heutige Nummer eins der Union: "Ich freue mich natürlich, wenn ich sehe, was die Union heute darstellt." Doch damit nicht genug. Erstmals räumte Stoiber ein, dass die berühmte Trennungsdrohung von Kreuth 1976 absurd war: "Ohne die CDU", sagte er, "wäre die CSU heute vielleicht eine rechte Splitterpartei." Oder sogar noch weniger: "Der Weg von Kreuth wäre ins Nichts verlaufen." Mit diesem Eingeständnis hat Stoiber seine Partei am Ende ziemlich klein gemacht. Aber Größe gezeigt, so gut er kann. Wer unumwunden akzeptiert, dass die Rivalin gewonnen hat, erträgt es auch, wenn die Kapelle zum Abschied ganz unbayerisch "Muss i denn zum Städtele hinaus" spielt.
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