Diskussion um US-Footballer hält an: Aufstehen für Kaepernick
Weil er zur Hymne nicht aufstand, fiel Colin Kaepernick in Ungnade. Jetzt stärken ihm US-Armeeveteranen im Internet den Rücken.
Er solle sich doch ein anderes Land aussuchen, blökte Donald Trump nach dem Zwischenfall, eines, in dem es ihm besser gefalle. Respektlos und unpatriotisch sei er, der 28-Jährige, plärrten andere. „Land of the free“? Nun ja. Bei der Hymne hört der Spaß auf.
Was war passiert? Colin Kaepernick, Quarterback der San Francisco 49ers, war am vergangenen Freitag beim Spiel gegen die Green Bay Packers beim obligatorischen Singen der Hymne vor dem Spiel sitzengeblieben, statt wie alle anderen mit der Hand an der Brust aufzustehen. Der Sohn eines afroamerikanischen Vaters wollte damit auf die rassistische Gewalt in den USA hinweisen.
Die Kritik an Kaepernicks Verhalten während der Hymne kommt wenig verwunderlich, schließlich wurden die patriotischen Liedchen nicht zum LSD-vertrippten Abfeiern in Neukölln komponiert. Sie helfen in erster Linie den Orientierungslosen: Hier stehen wir, dort steht (oder sitzt!) ihr.
Zu letzterer Gruppe gehört jetzt Colin Kaepernick. Seine Geste war und ist in den von ihrem National- und Gründungsmythos wie kaum ein anderes Land zehrenden Vereinigten Staaten ein Affront – zumal Footballspiele oft quasimilitärisch aufgezogen werden und dadurch umso mehr wie Volkssport erscheinen. Hier brettern Kampfflugzeuge über die Arena, dort präsentiert der Teil der Streitkräfte die Flagge, dort ein anderer.
Trotz dieser engen Bindung der großen amerikanischen Sport-Events ans Militär bekommt Kaepernick nun von ungewohnter Seite Unterstützung: „Benutzt nicht meinen Militärdienst – oder den eines jeden anderen Veterans –, um das Stummschalten schwarzer Amerikaner zu legitimieren. Nicht mit mir“, twitterte der prominente, weiße US-Armeeveteran Charles Clymer mit dem Hashtag #veteransforkaepernick. Ein anderer schrieb: „Ich bin ein Veteran. Desert Storm. Ich unterstütze Kaps Methode des Protests und seine Gründe dafür.“ Viele andere pflichteten ihnen bei, der Hashtag fand seinen Weg in die weltweiten Trending Topics.
Das Signal, das die Veteranen geben, ist ein starkes, zeigt es doch, dass simple Unterscheidungen – wie Donald Trump sie vornimmt – nicht verfangen: Hier die Guten, dort die Bösen – so einfach ist es nicht. Ein Footballspieler afroamerikanischer Herkunft kann genauso in einem Land leben und gleichzeitig auf soziale Missstände hinweisen, wie sich nicht hinter allen Mitgliedern des Militärs Luzifer verbirgt. Probleme sind vielschichtig und können nicht in binärer (Nationalstaats-)Logik besprochen werden, denn das führt qua Natur nur zu mehr Ausgrenzung.
Wenn selbst das Militär, der Hüter der Hymne, das zu verstehen scheint, könnte man meinen, dass da gerade ein Wandel abläuft – aber dann sieht man Trump und seine vielen Unterstützer.
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