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Diskussion um DoppelspitzeMachtkampf in der Linken

Nach der enttäuschenden Wahl fordert die Parteilinke eine Doppelspitze im Landesverband. Landeschef Klaus Lederer steht dafür allerdings nicht zur Verfügung.

Die Harmonie trügt: Gesine Lötzsch und Klaus Lederer Bild: dapd

In der Linkspartei gibt es einen Machtkampf um den Parteivorsitz. "Führungsstrukturen sollten immer kollektiv sein", sagte der Sprecher des Kreisverbandes Neukölln, Ruben Lehnert, der taz. Er befürwortet deshalb eine Doppelspitze im Berliner Landesverband der Linken. Ähnlich äußerte sich die Abgeordnete Evrim Sommer, die im März die Nachfolge der Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch als Kreischefin in Lichtenberg antreten will. "Als frauenpolitische Sprecherin wünsche ich mir eine Frau in einer Doppelspitze." Den Landesverband der Linken führt seit Dezember 2005 Klaus Lederer. Der 37-Jährige will beim Parteitag im Oktober wieder antreten.

Die Linke hatte bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 11,7 Prozent der Stimmen bekommen und lag damit weit unter ihren Erwartungen. Nach dem Gang in die Opposition nach zehn Jahren Regierungsarbeit wurde die Partei in der jüngsten Umfrage sogar von den Piraten überflügelt. "Unser linkes Profil ist nicht mehr ausreichend erkennbar", kritisiert deshalb Evrim Sommer den Kurs der Berliner Parteiführung. Bereits auf dem Landesparteitag Ende November galt die Kritik vor allem Landeschef Lederer. Der wiederum versprach, nicht mehr Regierungspartei im Wartestand sein, sondern die Opposition anführen zu wollen.

In dieser Situation kommt den Kritikern des Reformflügels um Lederer ein Antrag aus dem Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf zupass, der für die Berliner Linke künftig eine Doppelspitze fordert. Nachdem der Antrag im November verschoben wurde, soll er nun auf dem Parteitag im Mai auf die Tagesordnung kommen. Damit wird bereits vor der eigentlichen Wahl im Oktober über die Zukunft Lederers abgestimmt. Denn der Landesvorsitzende hat sich klar gegen den Antrag ausgesprochen. "Für eine Doppelspitze stehe ich nicht zur Verfügung", sagte Lederer am Donnerstag der taz. "Im Vordergrund stehen jetzt keine Personaldiskussionen, sondern die inhaltliche Erneuerung der Partei."

Den Vertretern der Parteilinken aus der kommunistischen Plattform oder der ehemaligen WASG reicht das nicht. "Keine Revolution ohne Frau" lautet die Parole, die Ruben Lehnert von der Parteilinken ausgibt - nur halb im Scherz. Zu seinem Kreisverband zählt auch die ehemalige WASG-Frontfrau und Linkenkritikerin Lucy Redler. "Wir haben eine gute Erfahrung mit einer quotierten Doppelspitze in Neukölln, aber auch in der Bundespartei gemacht", sagt Lehnert. Deshalb wünsche er sich auch eine Frau als Berliner Landeschefin.

Wer dies sein könnte, ist bislang aber auch den linken Kreisverbänden im Westteil der Stadt unklar. In den Ostbezirken hält man die Debatte über die Doppelspitze ohnehin für eine Scheindiskussion. "Gerade die Bundespartei hat gezeigt, dass Führungsdebatten keine Probleme lösen", sagt Steffen Zillich vom Kreisvorstand Friedrichshain-Kreuzberg. Martina Michaels, Mitglied des Abgeordnetenhauses und Kovorsitzende des Kreisverbandes Friedrichshain-Kreuzberg, ergänzt: "Wer eine Doppelspitze haben will, soll sagen, dass er bestimmte Personen nicht haben will."

Ein erster Stimmungstest bei der Linken ist bereits am 10. März zu erwarten. Dann wird in Lichtenberg ein neuer Kreisvorstand gewählt. Neben Evrim Sommer, die zum Fundilager der Bundesvorsitzenden und amtierenden Kreischefin Gesine Lötzsch gezählt wird, tritt mit Michael Grunst auch ein Vertreter des Reformerlagers an. Sollte der die Wahl machen, wäre das auch ein Sieg von Klaus Lederer - und eine herbe Niederlage für Lötzsch, die sich nach eigenen Worten ganz auf ihre Arbeit als Bundesvorsitzende konzentrieren will.

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3 Kommentare

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  • S
    Schneider

    "...an der Zeit sowohl personell als auch inhaltlich was zu ändern."

     

    Die Wähler bzw. Nichtwähler haben im Herbst 2011 über das Ergebnis, so auch der Linken, entschieden.

     

    Vergessen sind dabei nicht die Turbulenzen bei der Aus- und Nachzählung der Wahlergebnisse ;-(

     

    Diese Abwärtsspirale der Linken hat m. E. mit dem Auftreten der Personen und der erfolgreichen bzw. erfolglosen Bürgerarbeit zu tun. Da werden Projekte favorisiert betrieben und regelmäßig unterstützt, wieder andere interessante Bürgerarbeit wird ignoriert bzw. öffentlich und fälschlicherweise abgelehnt.

  • E
    elbgrün

    @elbraun:

     

    die taz wird halt von szenetypischen geschichtslosen mittelschichtkindern, in der hauptsache twenty-somethings, gemacht. da kannste nich viel geistiges erwarten. für die ist die linke nun einmal einfach bäh. das liest man aus jeder zwischenzeile. das finde ich sehr schade, denn die linke hat sich eine sachliche und auf politische inhalte bezogene auseinandersetzung durch ihr nachhaltiges engagement wirklich verdient und die findet in der taz einfach nicht statt, da muss man erst junge welt lesen.

    die taz wird ihrer demokratischen verantwortung durch das gewollte ausblenden allen links-von-der-mitte-denkens nicht gerecht. vorbei die zeit als es noch den ausführlichen publizistischen blick auf politische querdenker gab. stattdessen jeden tag mittelgrüne mittelschichtensosse.

  • E
    elbraun

    erstaunlich, dass Lötzsch mittlerweile schon zum fundi-lager gezählt wird. aus welcher (immer weiter nach rechts rückenden) perspektive herr rada hier schreibt, ist abenteuerlich.

     

    Lötzsch ist ähnlich wie Gysi eine Zentristin - aber sie hat Mumm und steht ein, für das, was sie will. Evrim Sommer ist Gott sei Dank keine Reformerin, aber Fundi - was soll das hier bedeuten? Lehnert gehört kaum zum wirklich linken flügel, sondern ist organisiert beim WASG- bzw. Gewerkschaftsflügel der Sozialistischen Linken (SL). Und was das Wort KOmmunisten einfach mal so im Text verloren hat, weiss Rada wohl selber nicht, denn auch die erwähnte Lucy Redler ist keine, sondern Trotzkistin.

     

    Natürlich ist mir bewusst, dass die taz, wenn sie überhaupt DIE LINKE leiden kann, uneingeschränkt mit den Reformern sympatisiert (und so auch die Artikel geschrieben werden), doch möchte ich mal um etwas mehr Differenzierungsvermögen bitten. Wenn eine Partei nach 10 Jahren Regierungsbeteiligungen so abschmiert und wenn sie dabei habituell uninteressant wird, dann ist es aber sowas von an der Zeit sowohl personell als auch inhaltlich was zu ändern.

     

    Und dazu lässt sich ja wohl sagen, dass die Partei-Linken äußerst defensiv und einend auftreten, wenn sie nicht plump "Lederer weg" fordern, sondern eine Repräsentation der Partei-Realität in zwei SprecherInnen (von versch. "Flügeln") fordert. Wie undemokratisch,verbissen und an seinem Stuhl klebend Lederer ist, zeigt seine Ablehnung gegenüber diesem sehr vernünftigen Vorschlag.

     

    Wieso ist die taz unfähig oder unwillens das zu erkennen und aufzuschreiben?