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„Dirty Dancing“ von SchlachthofbronxTreiben auf dem Dancefloor

Erfüllungsgehilfe des Bass-Glücksversprechens: So gibt sich das Münchner Duo Schlachthofbronx auch auf seinem zweiten Album „Dirty Dancing“.

Hauptsache, die Bässe heizen ein: Schlachthofbronx. Bild: Edward Beierle

Der Bass kommt langsam, aber er kommt. Ein Break, ein bisschen Percussion, eine Frauenstimme. Sie sagt „slowine, slowine“, und nach ein bisschen mehr als zweieinhalb Minuten ist es wieder vorbei.

So startet „Dirty Dancing“, das zweite Album des Münchner Duos Schlachthofbronx. Es ist ein kleiner Auftakt, fast ein Antäuschen, und gleichzeitig schwingt hier das Versprechen mit, immer und sofort zu bekommen, was man will: Bass, Party, dreckige Tanzmusik – am besten jetzt gleich und in your face.

Als Erfüllungsgehilfen des Bass-Glücksversprechens ziehen Schlachthofbronx nun schon seit drei Jahren vom ehemaligen Münchner Bohemeviertel Schwabing aus um die Welt. Sie haben schon in den USA gespielt, in Mexiko, Kanada und in Russland, auf dem renommierten Elektronik-Festival Sónar in Barcelona und auf dem Hipster-Festival SXSW im texanischen Austin. Dazu unterstützten sie die Über-Rapperin ihres Genres, M.I.A., bei Konzerten, und selbst der Tour-DJ von Kate Perry hat ihre Platten in seinem Set. Kurz: Schlachthofbronx sind oben angekommen.

Nebenbei haben sie weiter fleißig produziert, allein im Jahr 2011 sind vier neue EPs erschienen. Mit „Dirty Dancing“ legen sie jetzt auch auf der Langstrecke nach – und schon nach den ersten paar Tracks wird klar: Schlachthofbronx bleibt Schlachthofbronx.

Ihnen gilt angolanischer Kuduro genauso viel wie Detroit Techno, brasilianischer Favela Funk genauso viel wie bayerische Blasmusik. Sie nehmen sich einen Soundschnipsel – im Klauen sind sie seit jeher so virtuos, wie der Albumtitel es erahnen lässt –, biegen ihn sich zurecht, schrauben noch ein wenig am Bass, und wenn sie gerade Lust dazu haben, bitten sie einen befreundeten MC, ein paar Zeilen darüberzurappen. So gingen Schlachthofbronx 2009 und so funktionieren Schlachthofbronx auch 2012.

2009 waren sie damit Teil einer Bewegung, deren Flaggschiff Mad Decent war, das Label des HipHop-DJs Diplo aus Baltimore, und allen voran dessen Projekt Major Lazer. Inzwischen haben sie sich in ihrer Nische eingerichtet. Das Überraschungsmoment, wenn plötzlich Balkan-Bläser auf einem Technotrack zu hören sind, ist passé, der Exotismus-Bonus zieht nicht mehr so wie vor ein paar Jahren. Dazu haben sich mit den Post-Dubstep-Produzenten von Mount Kimbie und SBTRKT oder dem von Chillwave beeinflussten Hipster-House des New Yoker Duos Blondes andere Spielarten der elektronischen Musik in den Vordergrund gedrängt.

Bässe zum Zucken und Zappeln

Schlachthofbronx interessiert das naturgemäß überhaupt nicht. Sie machen auch auf „Dirty Dancing“ das, was ihnen Spaß macht. Das Tempo wechselt sprunghaft von Track zu Track, die beiden längsten sind – ungewöhnlich für das Genre – nach vier Minuten und 18 Sekunden vorbei, die meisten sind zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Minuten lang. „Dirty Dancing“ steht dem Debütalbum des Duos in nichts nach, ihre Produktionen haben vielleicht noch etwas mehr Schliff bekommen. Brachten sie uns auf „Schlachthofbronx“ das schöne Wort „Farafina“ näher, wird jetzt eben „Agwaso“ zum Tanzvergnügen verhackstückt. Hauptsache, die Bässe heizen ein.

Ehrensache, dass die Gäste auf „Dirty Dancing“ prominenter sind als auf „Schlachthofbronx“. Booty-Bass-Legende DJ Assault liefert als Gast einen versauten und sexistischen Rap: „Ey yo, girl in the club / With no panties on / pull your dress up / Get naked“. Als Antidot ist auf dem Track „Touch Your Toes“ die jamaikanische MC Natalie Storm zu hören, die nebenbei auch Autorin einer Essayreihe mit dem schönen Namen „Punany Monologues“ ist – Punany bezeichnet im jamaikanischen Slang die Vagina.

Sie flowt über einen Bastard aus Dancehall und Drum ’n’ Bass, der mit seinen trockenen, treibenden Trommelsalven ein Höhepunkt des Albums ist. Dazu kommen noch der Münchner Homie der Schlachthofbronx, Doubla J, die in Berlin ansässige internationale Rap-Crew Puppetmastaz, die Schwedin Gnucci Banana und eine zweite Jamaikanerin, Warrior Queen.

Mit und ohne die Texte ihrer Gäste werfen Schlachthofbronx dazu fröhlich alle Spielarten der basslastigen Tanzmusik durcheinander: Ghettotek, Juke, UK Bass, Cumbia und Dancehall. Dabei gelingen ihnen auch auf „Dirty Dancing“ einige Tracks, bei denen man als DJ ins Schwarze trifft, wenn man eine Club-Crowd zum Tanzen bringen will. Zum Beispiel „That G-String Track“ oder „Waistline“, bei denen – ohne hier die Leistungen von Schlachthofbronx schmälern zu wollen – allein die körperliche Macht und die Geschwindigkeit der Bässe zum Zucken und Zappeln zwingt.

Liebhaber von differenzierten Klang- und Soundexperimenten, die auf der Suche nach Klangfinessen sind, kommen hier nicht auf ihre Kosten. Wer nicht tanzen will, hat Pech gehabt. Für den Rest gilt, was DJ Assault in seinem Feature befiehlt: Ab in den Club und „Do it, do it, do it, do it, do it, do it / on the Dancefloor“!

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