Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks: "Wir haben uns reingebissen"
Die Dallas Mavericks gewinnen bei den LA Lakers und deuten einen Mentalitätswandel an. Der ist für das nächste Spiel auch bitter nötig – im Extremfall wird siebenmal gespielt.
BERLIN taz | Drei Komma eins Sekunden können ganz schön lang werden. Vor allem am Ende eines Basketballspiels, vor allem wenn ein gewisser Kobe Bryant an der Dreierlinie abhebt und einen Wurf auf die Reise schickt, der ewig in der Luft hängt, und man zugucken muss und der Ball schließlich wider Erwarten doch vom Ring zurück ins Feld springt. 3,1 Sekunden, die zwischen Sieg und Niederlage entscheiden. 3,1 Sekunden, in denen Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks ein Spiel gegen die Los Angeles Lakers gewonnen haben, das sie nie hätten gewinnen dürfen.
96:94 siegte Dallas im ersten Spiel des Viertelfinal-Play-offs beim Titelverteidiger aus der Filmstadt. Es war aber nicht nur ein sehr knapper Sieg, es war vor allem ein Erfolg, der auf denkbar unerwartete Weise zustande gekommen war.
Gaben sich die Mavericks doch vor allem vor und nach der Halbzeitpause alle Mühe, das Spiel zu verlieren: Sie begingen überflüssige Fouls, Nowitzki ließ sich provozieren und handelte sich ein technisches Foul ein, Aufbauspieler Jason Kidd warf den Ball innerhalb kürzester Zeit gleich fünfmal dem Gegner in die Arme. Die zweite Halbzeit war wenige Minuten alt, und die Mavs lagen mit 16 Punkten zurück, doch dann geschah das Unfassbare.
Dirk Nowitzki: "Wir haben uns reingebissen"
Ausgerechnet die Dallas Mavericks, die sich in den vergangenen Jahren in der NBA den Ruf verdient haben, ein Haufen Weicheier zu sein, die man, wenn es ernst wird, nach Belieben herumschubsen kann, wenn sie sich nicht eh selbst schlagen, diese Play-off-Versager also holten Punkt um Punkt auf, ließen den Lakers in der Defensive kaum noch Platz zum Atmen, gingen in Führung und brachten das mit Filmstars gespickte Publikum im Staples Center zum Verstummen. "Wir haben uns reingebissen", erklärte Nowitzki den unerwarteten Erfolg, zu dem der deutsche 2,13-Meter-Mann 28 Punkte und 14 Rebounds beitrug.
Allerdings: Der Sieg war nur der Auftakt zu einer Serie, die im Extremfall über sieben Spiele gehen könnte. Außerdem sind die Lakers diese Situation gewohnt: Auch in der ersten Runde der Play-offs verloren sie die erste Partie überraschend, schalteten die New Orleans Hornets dann aber doch in sechs Begegnungen aus. Trotzdem ist man irritiert beim amtierenden Champion. "Ich bin sehr beunruhigt", grübelte Kobe Bryant, "dieses Team kann uns schlagen, das ist klar."
Kobe Bryant: Der einzige, der überzeugen konnte
Tatsächlich war Bryant der Einzige, der überzeugen konnte. Zwar vergab der Lakers-Star den entscheidenden Wurf, aber er war mit 38 Punkte über weite Strecken des Spiels der einzige verlässliche Punktelieferant. Das hat natürlich auch Phil Jackson, der Coach der Lakers, erkannt: "Das Spiel wurde im dritten Viertel entschieden, als wir mit der Führung im Rücken aufhörten, vernünftig zu verteidigen – und in der Offensive ist uns gar nichts mehr eingefallen." Außer Kobe Bryant den Ball zu geben, was bis zum allerletzten Wurf ja auch einigermaßen funktionierte. "Ich bin nicht so sicher, ob Dallas tatsächlich besser war", so Jackson, "das Gefühl in unserer Kabine war eher: Wir haben einen Sieg verschenkt."
So ähnlich sah es auch Shawn Marion. Der Flügelspieler der Mavericks zog aber eine Schlussfolgerung, die den Lakers vor dem heutigen, zweiten Aufeinandertreffen in L. A. nicht gefallen dürfte. "Wir haben uns ganz gut angestellt", grinste Marion, "aber ich denke, wir können das noch besser." Das wird auch nötig sein, denn nicht nur Nowitzki weiß, "dass die Lakers im zweiten Spiel etwas gutmachen wollen und konzentrierter auftreten werden."
Wollen die Mavericks den Titelverteidiger tatsächlich aus den Play-offs befördern, dann werden sie die ihnen zugeschriebene Mentalität als zwar begabtes, aber im entscheidenden Moment versagendes Team ablegen müssen. Das geht vor allem über die Verteidigung, mit der die Mavs in der Vorbereitung auf die Lakers "eine Menge Zeit verbracht hat", wie Carlisle zugab. Dabei habe man "einen Plan entwickelt, wie wir gegen diese Typen verteidigen wollen". Einmal ist dieser Plan nun aufgegangen, aber noch sind die Dallas Mavericks nicht eben als eisenharte Defensivexperten bekannt. "Gibt es eigentlich irgendjemanden", fragte ein triumphierender Shawn Marion, "der weiß, dass wir eine ganz gute Verteidigung spielen?"
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