Berliner Szenen: Ding mit Flügeln
Der Spinner
„Was ist das denn?“, frage ich, als ich Fup von einer Geburtstagsparty abhole. Fup sagt: „Ein Spinner. Hab ich geschenkt bekommen.“ – „Ein Spinner?“, frage ich belustigt. „Nein, ein Spinner“, sagt Fup verärgert. Jetzt verstehe ich. Nicht Spinner, wie sie einem hier ständig über den Weg laufen, sondern Spinner mit S und nicht mit Sch. „Und was ist das?“, wiederhole ich wenig originell meine Frage. „Das siehst du doch“, sagt Fup und lässt das Ding, das er zwischen Daumen und Zeigefinger hält, rotieren.
Das Ding ist rot und hat drei gleiche Flügel, die aber nicht wie Flügel aussehen, sondern wie ovale, ebenmäßige Blätter oder Sprechblasen, in denen sich aber kein Text befindet, sondern ein in Plastik eingelassenes rundes Metallstück zur Beschwerung, um durch das Gewicht mehr Schwungkraft zu erzeugen. Dazu muss man es in der Mitte festhalten und das Ding anschubsen, damit es sich dreht. Fups Finger sind noch etwas zu klein, sodass das Ding von seiner Handfläche immer wieder abgebremst wird. „Das haben jetzt alle“, sagt Fup. Er gibt dem Ding immer wieder Anschwung und lässt es um seinen Mittelpunkt kreisen. Ich probiere es auch aus. Es dreht sich schön und lang. „Aha“, sage ich, denn mehr fällt mir nicht ein. Wie ein Kreisel, auch sehr beliebt, aber irgendwie sinnlos. In einem Zeitungskiosk sieht Fup mit geübten Auge einen gelben Spinner, der sich auf der Ladentheke dreht. Er will ihn haben. Unbedingt. Lebenswichtig. „Warum? Du hast doch einen“, sage ich. „Aber der ist gelb. Und größer. Man kann bessere Tricks damit machen.“ – „Was denn für Tricks?“ Fup setzt sich den rotierenden roten Spinner auf die Nase. „Noch tollere Tricks als den?“, frage ich. „Ja, er hat ein besseres Kugellager.“ Oh, Kugellager, denke ich, und mein Widerstand beginnt zu bröckeln. Beiläufig frage ich den Kioskmann, wie viel der Spinner kostet. Klaus Bittermann
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