: Dilettanten treiben ABM-Projekt in den Ruin
■ Zerstrittene Gesellschafter gefährden 40 ABM-Jobs in Friedrichshain / CDU-Politiker in den Fall verwickelt
Weil sich die drei Gesellschafter des ABM-Trägers „Werkstatt in Berlin GmbH“ überworfen haben, müssen 40 ABM-Kräfte um ihren Arbeitsplatz fürchten. Einer der Gesellschafter ist der Schatzmeister der CDU-Charlottenburg, Joachim Frick. Uwe Goetze, Mitarbeiter der Servicegesellschaft BSU, die die ABM-Gelder verwaltet, und für die CDU im Abgeordnetenhaus, hält die Firma inzwischen für „ungeeignet, die AB- Maßnahmen weiterzuführen“. Die BSU hat bereits vor einer Woche allen Beteiligten die Verfügung über die Fördermittelkonten aufgekündigt.
Die Türen der Gesellschaft waren Anfang Oktober versiegelt worden, bis gerichtlich geklärt ist, wer die rechtmäßige Geschäftsführerin des Trägers ist. Die Geschäftsführerin Angelika Sindulka, die das Landgericht am Montag zur rechtmäßigen Geschäftsführerin erklärt hatte, tauchte allerdings auch gestern nicht auf. Sie hatte auch keinen Antrag auf Entsiegelung der Türen gestellt.
Die ABM-Kräfte standen gestern morgen ratlos vor der Tür des Betriebs in Friedrichshain. Sie wußten überhaupt nicht, woran sie sind: Gekündigt sind sie nicht, arbeiten können sie aber auch nicht. Wer ihren Lohn zahlt, ist unklar.
Als Geburtshelfer des ABM- Trägers gilt ausgerechnet der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Siegfried Helias. Eine „Mißgeburt“ sei die Firma, sagt Gesellschafterin Irina Singhuber. Sie war bereits im November 1994 als Geschäftsführerin fristlos entlassen worden. Singhuber hatte sich mit Gesellschafter Frick zerstritten, weil dieser ihrer Ansicht nach in die eigene Tasche wirtschaftete. So wollte er den Kauf eines Computers über seine eigene Firma abwickeln, was Singhuber für unzulässig hielt. Sie kritisierte auch, daß Frick für Telefonate, die er als Gesellschafter für die ABM-Firma führte, ein Beraterhonorar von insgesamt 7.279,50 Mark in Rechnung stellte.
Für die Beschäftigten ist der Krach der Gesellschafter nicht nachvollziehbar. „Um was geht es hier eigentlich?“ fragte ein älterer Herr aufgebracht. „Wir stehen auf der Straße, weil sich drei Gesellschafter streiten. Und das alles mit öffentlichen Geldern. Das kann doch wohl nicht wahr sein.“
Besonders bitter ist für die Hälfte der Beschäftigten, daß ihre AB-Maßnahme in zwei Wochen beendet gewesen wäre. Wenn das Projekt jetzt abgebrochen wird, haben sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern nur auf die geringere Arbeitslosenhilfe.
Für weitere Verunsicherung sorgte die Mitteilung von Gesellschafterin Singhuber, daß Geschäftsführerin Sindulka ihr gegenüber angekündigt habe, Konkurs anzumelden. Beim Amtsgericht Charlottenburg war bis gestern aber noch kein Konkursantrag eingegangen. Sindulka war gestern ebensowenig zu erreichen wie Frick und Helias.
Während Singhuber mit dem Arbeitsamt gestern nach einer Lösung suchte, blieben Sindulka und Frick auf Tauchstation. Ob ein Trägerwechsel für die 20 ABM- Kräfte möglich ist, deren Maßnahme noch bis zum April läuft, konnte das Arbeitsamt gestern noch nicht entscheiden. Dorothee Winden
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