Diktaturverbrechen in Chile: Anklagen gegen Pinochet-Helfer
Die Aufklärung der Menschenrechtsverbrechen während der Pinochet-Diktatur geht weiter: 129 Ex-Militärs und Mitglieder der Geheimpolizei müssen sich vor Gericht verantworten.
SANTIAGO DE CHILE afpIn Chile hat die Justiz Haftbefehl gegen 129 ehemalige Militärangehörige und Polizisten wegen Menschenrechtsverletzungen während der Pinochet-Diktatur erlassen.
Wie der zuständige Richter Victor Montiglio am Dienstag in Santiago mitteilte, wird ihnen vorgeworfen, in die Verschleppung und Ermordung von Gegnern des Diktators Augusto Pinochet verwickelt gewesen zu sein. Die Beschuldigten sollen für den damaligen Geheimdienst DINA gearbeitet haben. Es handle sich um Offiziere und Unteroffiziere aller Waffengattungen und der Geheimpolizei, verlautete aus Justizkreisen. Alle Verdächtigen müssten sich wegen des Vorwurfs der Entführung verantworten. Sämtliche Haftbefehle sollten bis Freitag vollstreckt werden.
"Wir ermitteln gegen alle in der Kaserne, sofern sie beteiligt waren, beteiligt gewesen sein könnten oder von der Freiheitsberaubung der Opfer gewusst haben könnten", sagte Montiglio einem Rundfunksender. Er hatte die Ermittlungen 2006 von dem Richter Juan Guzmán übernommen, der sie seit 1998 führte.
Die Ermittlungen beziehen sich auf die Kampagnen "Operation Condor" und "Operation Colombo" gegen Oppositionelle. Mit der koordinierten "Operation Condor" gingen in den 70er-Jahren die sechs Militärregierungen Chiles, Argentiniens, Boliviens, Brasiliens, Paraguays und Uruguays brutal gegen linke politische Kräfte und Regierungskritiker vor. Nach Schätzungen verschwanden hunderte Menschen spurlos. Prominente Opfer der Kampagne waren der in Buenos Aires 1974 ermordete chilenische Armeechef Carlos Prats und der 1976 in Washington getötete chilenische Minister Orlando Letelier.
Während der "Operation Colombo" 1975 wurden 119 chilenische Oppositionelle ermordet. Insgesamt wurden von 1973 bis 1990 unter Pinochet in Chile mehr als 3.000 Menschen getötet oder entführt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe