Digitale Spiele im taz-Test: „Dicke Eier, würde ich sagen“
Laien an der Spielkonsole: Einmal im Monat treffen sich taz-Mitarbeiter zum Daddeln. Diesmal: Ein Alien-Shooter, ein Meuchelspiel und Biathlon.
BERLIN taz | 3 Konsolen, 4 Spiele, 5 Leute. Neue Spiele, alte Spiele, nur Laien am Werk – die neue taz-Runde „Digital Spielen“ trifft sich zum ersten Mal.
Dabei sind: Jan Scheper, Volontär bei taz.de, Franziska Seyboldt, Redakteurin bei taz.de, Ingo Arzt, Energieredakteur der taz, Daniel Schulz, Ressortleiter taz2/Medien und Maik Söhler, Chef vom Dienst taz.de.
Diesmal werden allerdings nur drei Spiele auf zwei Konsolen gespielt: „Aliens – Colonial Marines“, „Assassin's Creed 3“ und „RTL Biathlon 2009“.
Spiel 1: „Aliens - Colonial Marines“, Sega, Neuerscheinung, Xbox
Ingo Arzt legt sich fest: „Es wird blutrünstig. Zur Vorbereitung habe ich Gauloises geraucht, damit ich Bauchschmerzen und das Sigourney-Weaver-Feeling bekomme. Denn eigentlich glaube ich ja, dass das Universum nur von freundlichen Wesen bevölkert ist.“
Die Erwartungen werden enttäuscht. Der Protagonist, Private Winter, lädt seine Wumme, Schulz: „Der Typ sieht so aus wie wir uns fühlen – müde und fertig.“ Der Kampf beginnt, Arzt zeigt sich wenig waffenaffin. Scheper will helfen: „Schieß nicht auf deinen Schatten!“ Es ist vor allem dunkel. Ein langer Gang taucht auf, es wird geschossen. „Prekäre Situation, Sir“, röhrt der Fernseher. Arzt beginnt zu schwitzen: „Ich halt das nervlich nicht aus.“ Schulz: „Mach einfach jeden kalt.“
Der Controller verlangt dem Spieler alles ab. Plötzlich Schreie. „Die Aliens kommen immer von oben!“ Seyboldt springt dem zitternden Kollegen zur Seite: „Das Spiel macht einen fertig, weil nichts passiert. Aber man weiß, dass bald was passiert.“ Scheper entdeckt die ersten Gegner: „Da sind die Alien-Eier. Halt drauf!“ Schulz ergänzt: „Wie Ostern.“ „Wir haben gerade Ameisen im Bad", sagt Arzt. Das erste Alien taucht auf, faucht – und Arzt ist tot. „Wenn man dann wirklich stirbt, ist es gar nicht so schlimm.“
Taz.de-Ressortleiterin Julia Niemann schaut vorbei und übernimmt den Controller. „Wo ist denn jetzt hier ... und wo spring ich ... ich kann hier nicht laufen.“ Schulz: „Moonwalk.“ Seyboldts Kurzanalyse: „Keine Musik. Das macht es noch unheimlicher.“ Jetzt stirbt auch die Ressortleiterin und will „Let's Dance spielen.“
Fachmann Schulz übernimmt. Wieder taucht ein Vieh auf, falscher Knopf gedrückt, im Xbox-Menü gelandet, zurück ins Spiel. Schulz schlägt es in die Flucht. „Warum ist es so dunkel hier?“ Der Energieredakteur meldet sich: „Ökostrom!“ Ein Gefangener, der befreit werden muss, wird befreit. „Unsere Marines sind nicht umsonst gestorben. Nicht denken, schießen!“, kommt eine Stimme aus dem Off. Die erste Schlacht mit mehreren Aliens beginnt. Seyboldt: „Die sehen aus wie Golum." Schulz stirbt. Arzt: „Keiner kam so weit wie du."
Seyboldt übernimmt. „Wo ist hier der Knopf zum Nachladen?" Ein Alien platt, Seyboldt platt. Nochmal. Es wird hektisch: „Wand, Waaaand, Fuck, Fuck!“ GI Scheper übernimmt und entdeckt die Schrotflinte – schießt nicht weit, aber breit. Seyboldt übers Sterben: „Auf einmal ist Schwarz-Weiß und du bist tot.“ Scheper übergibt an Söhler. Mit der Kippe im Mundwinkel schießt er aus der Hüfte. An einer Treppe ist Endstation. Fazit von Marine Arzt: „Also ich hab meine Angst abgelegt.“
Spiel 2: Assassins Creed 3, Ubisoft, Xbox, Verkaufsschlager
Seyboldt will loslegen: „Da muss man hinterhältig sein, oder? Gib her, ich will.“ Während der einleitenden Story sind erste Ermüdungserscheinungen spürbar. Assassins Creed 3 spielt im US-Unabhängigkeitskrieg. Trotzdem steuert Seyboldt erst einmal einen Typ im Kapuzenpulli, sie geht in eine Höhle. Scheper fragt: „Wie fühlst Du Dich so als Mann?“ Seyboldt locker: „Dicke Eier, würde ich sagen.“
Die brüchige Stimme einer Oma fordert, wir sollen einen Schlüssel finden. „Ganz schön eso“, kommentiert Seyboldt. Klettern. Parcours. „Ich mag mich als Mann“, offenbart die Vorturnerin. Das Setting verändert sich. Was ist das? Renaissance? 17. Jahrhundert? London, Opernhaus, pompös. Es gibt sogar einen Platzanweiser. Zwei Figuren plauschen, ein „Adlerauge“ muss aktiviert werden. Ah, in der Loge sitzt das goldene Ziel. Der Fernseher verlässt den Spielkanal AV. Seyboldt ist verstört: „Ah, das Ziel ist die ARD.“ Umschalten, Ziel finden.
Jetzt geht's ans Klettern, alle helfen – rechts, links, „da wäre noch eine Leiter, die ganz zufällig rumsteht“. Alienkiller Arzt verlässt die Runde und hat Angst vor dem Heimweg. Seyboldt hat glänzende Augen: „Das ist besser als Alien.“ Eine verschlossene Tür erweist sich als Hindernis, ein Dietrich hilft nicht. Der Controller vibriert. Schulz übernimmt kurz, in ein paar Sekunden hat er das Schloss auf. Es wird durch die Kulisse geturnt.
Seyboldt hängt an einem Mond aus Pappmaché. Auf der anderen Seite geht es nicht weiter. Schulz: „Nimm doch die Tür!“ Funktioniert. Dann wird gemeuchelt. Jetzt auf zur Flucht. Leute werden zur Seite gestoßen, immer dem grünen Punkt hinterher. „Meine Fresse, nur soziale Probleme hier.“ Da ist der Ausgang, Filmsequenz. Eine Verschwörergruppe rätselt über die Bedeutung des Talismans, den der Gemeuchelte trug.
Neue Szenerie. Ein Segelschiff. „Ich will das Ding steuern“, sagt Söhler. Geht nicht. Stattdessen gibt's eine Schlägerei an Deck, die der Chef vom Dienst meistert. Matrose Söhler muss unter Deck. Schon wieder dunkel. Die Figuren leuchten. „Innere Schönheit“, konstatiert Schulz. „Geh doch mal zum Würfel“, sagt Scheper. Das Würfelsysmbol steht für das Mini-Spiel im Spiel „Fanorona“. Die Beschreibung ist ellenlang. Eine Art „Dame“ aus Madagaskar. Oder so. „Total einfach“, sagt Schulz. „Ihr habt euch die Regeln gemerkt?“, fragt Söhler, „ich spiel nur.“ Klappt. Steine werden verschoben. „Ich glaub, das ist Mühle für Physiker“, sagt Scheper.
Spiel 3: RTL Biathlon 2009, RTL Games, Nintendo Wii, Ramsch
Auf zum Wintersport. Söhler geht mit seinem Schneeflug-Pendant Alexander Wolf an den Start. Er fuchtelt wild mit den Controllern und kommt auf der Stecke nicht vom Fleck. Dann die ersten Schritte mit der Skating-Technik. Sowohl bei Söhler als auch bei Wolf geht hörbar die Pumpe. Das erste Schießen, 5 Schuss, drei Treffer. „Will einer meine Strafrunden übernehmen?“ Schweigen.
Bierdosen werden geöffnet. Seyboldt erbarmt sich. Der Kommentator im Spiel ist ein Motivationsguru: „Die Zeit ist eine Katastrophe“. Das nächste Schießen kommt, markiert mit einem dicken goldenen Pfeil. Schulz ist begeistert: „Wie in Las Vegas“. Seyboldt legt an: „Wie lädt man nach?“ Vier Treffer. Schulz: „Hoppel doch im Takt der Musik“. Schulz reißt die Controller an sich. „Was würdest du machen, wenn deine Tochter in den Schützenverein will“, fragt Seyboldt. Söhler sagt: „Ist o.k.“
Schulz darf nur noch ins Ziel fahren. Jetzt wird am Charakter gebastelt. Freie Nationenauswahl: Großmacht oder Schurkenstaat? „Hitler war doch Meldeläufer und nicht Skiläufer“, sagt Historiker Schulz. Keine Entwicklungsländer wählbar, „kein taz-affines Spiel“. Dann wenigstens eine Frau – wegen der Quote! Aus Japan. Sie sieht aus wie ein „Zombie nach der Chemo“.
Pokljuka, Slowenien. Am Start wird Schulz abgehängt. Der Kommetator: „Die Zwischenzeit ist inakzeptabel für ein Rennen auf diesem Niveau.“ Es geht bergauf. „Oben die Wumme zücken und alle erschießen“. Das war Söhler. Hätte er gerne das Alienspiel zurück? Erstes Schießen. Viermal daneben. Fazit: „Vier Fehler sind vier Fehler“. Wieder der RTL-Sabbler: „Jetzt rächt sich, dass sie viel zu schnell angegangen ist“. Scheper ist von der Grafik begeistert: „Landschaftlich ist es aber schön in Slowenien.“
Schulz sucht ein Ablenkungsthema: „Die Musik im Spiel kann nur 99 Cent gekostet haben.“ Seyboldt: „Wie aus einem dieser Fernsehpornos nach 24 Uhr. Hallo, ich bin die Pina Colada und zieh mich für dich aus.“ Schießstand, drei Treffer. Kurz vor dem Ziel wird noch eine Läuferin eingeholt; 15. Platz von 16. Mehr geht nicht, Schluss für heute.
Protokoll: Jan Scheper, Franziska Seyboldt, Ingo Arzt, Daniel Schulz, Maik Söhler.
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