Neue Filme : Diese Woche neu im Kino
Vom Westen unberührt
F 2002, Regie: Raymond Depardon. 105 Min.
In Bildern der gleißenden Saharalandschaft wird die Geschichte eines Jungen erzählt, der von einem feindlichen Stamm adoptiert wurde, nachdem dieser seine Eltern getötet hatte. Das Verhältnis von Eigen- und Fremdheit setzt sich auf anderen Ebenen fort. Die Geschichte (nach einem Roman aus den 20ern) findet vor dem Hintergrund der französischen Kolonialisierung Afrikas statt. Die Erzählung – von lose über den Film verteilten kurzen Voice-over-Passagen getragen – wird dabei in Tableaus aufgelöst, die zum Kontinuum einer konzentrierten Bewegung werden, in einem eindringlichen Schwarzweiß fotografiert.
Sein Bruder
F 2003, Regie: Patrice Chéreau. 90 Min.
Nach „Intimacy“ konnte es für Patrice Chéreau kaum eine konsequentere Fortsetzung über den Körper und seine Grenzüberschreitungen geben. Nach fraglosem Begehren, der Lust am Anonymen und ihren Regelverletzungen setzt er die Geschichte von Beziehungslosigkeiten, vom Körper, seinen Sehnsüchten, seinen Mängeln hier fort. „Sein Bruder“ ist ein Film über die letzte menschliche Intimität, das Sterben. Ein Film auch über aufgeschobene Trennungen und von der ablaufenden Zeit beschleunigte Wiedervereinigungen. Ein Liebespaar, Claire (Nathalie Boutefeu) und Thomas (Bruno Todeschini), verliert sich. Ein Bruderpaar, Thomas und Luc (Eric Caravaca), findet sich wieder. Nach langer gegenseitiger Ignoranz führt Thomas’ Krankheit die beiden, die außer ihrer Kindheit nicht viel voneinander wissen, aufeinander zu. Ein Wechselspiel aus vergessener Nähe und gewohnter Distanz. Bis Luc, erst unwirsch, dann liebevoll, zu Thomas Sterbebegleiter wird.