neu im kino : Diese Woche frisch
Factotum
N/D/USA 2005, Regie: Bent Hamer. 93 Min.
90 Minuten mit Chefgehabe im Bild, dieser Matt Dillon. Dabei sollte er den genialen Aushilfsjobber, Ficker, Säufer und Dichter Henry Chinaski aka Charles Bukowski verkörpern. Das Leben muss sein, und das Schreiben hat die Priorität, belehrt mich Matt Dillon. Gewiss, ich seh’s doch im Bild. Alles eins zu eins. Wieso fixiere ich mich jetzt auf einen Hauptdarsteller, der sich angestrengt bemüht, dominant zu sein, aber genau das nicht bringt? Dann hab ich’s. Ich komm mit dem Pseudomacho Matt nicht klar, weil ich nicht genug Frau bin. Denn im Film hecheln all die, die er Weiber nennt, hinter ihm her und gucken mit traurigen Augen, wenn sie ihm nicht mehr gut zum Ficken sind. Na klar. So hat es Bukowski geschrieben, aber nicht auf den Leib von Matt Dillon. So wie er den Film hindurch immer dasselbe Gesicht macht, muss harte Arbeit sein.
Winterkinder
D 2005, Regie: Jens Schanze. 99 Min.
Spurensuche in der eigenen Familiengeschichte: Regisseur Jens Schanze fragt, wie verstrickt der Großvater ins NS-Regime war. Dem Film gelingt es, das Unvermögen zu reden, die Angst davor, den Vater an die Partei der Täter preisgeben zu müssen, in Bilder umzusetzen. Einzig eine der Schwestern, die als Au-pair bei einer jüdischen Familie mit der Verantwortung aus der Geschichte konfrontiert wurde, schert aus der blinden Verteidigung des Großvaters aus. Ansonsten liegen die Unschuldsvermutung, die Sprachlosigkeit spürbar über dem Film. Immer wieder versucht die Mutter sich schützend vor das Bild des Vaters zu stellen. Ihr Gesicht verrät ihre innere Anspannung, den Kampf um den Vater, ohne ein Ventil in der Sprache zu finden.