■ Die Anderen: Die "Berliner Zeitung" kommentiert die mühsame Debatte um das Berliner Holocaust-Denkmal / Die "Süddeutsche Zeitung" fragt sich bang, ob Europa sozialdemokratisch wird / Die "Presse" über den Friedensprozeß in Nordirland
Die „Berliner Zeitung“ kommentiert die mühsame Debatte um das Berliner Holocaust-Denkmal: Der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hat seine bekannte Ablehnung des Holocaust-Mahnmals bekräftigt. Das heißt nun freilich nicht, daß das Mahnmal nicht gebaut werden kann. Vielmehr könnte es durchaus sein, daß Diepgen bei der Senatssitzung am 25. August überstimmt wird; die SPD-Senatoren sind für das Mahnmal, und auch der CDU-Kultursenator Peter Radunski gilt als Anhänger des Projekts. Das eigentlich Erfreuliche an der Mahnmalsdebatte, daß sich nämlich Anhänger wie Gegner kreuz und quer über die Parteigrenzen hinweg verteilen, verwandelt sich so in den mißlichen Umstand einer Zerreißprobe für die Berliner Koalition. Doch könnte man auch sagen, daß der Ernst der Sache ein landespolitisches Debakel durchaus verträgt. Mit Kompromissen ist hier nichts mehr zu gewinnen. Alle Argumente sind ausgetauscht, die Entscheidung kann und muß jetzt fallen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ fragt sich bang, ob Europa sozialdemokratisch wird: In der EU werden 9 der 15 Mitgliedstaaten von sozialdemokratischen Premierministern geführt. Das Attribut rechts, und sei es auch nur Mitte-rechts, paßt dagegen nur noch für ganze drei EU-Staaten, Irland, Spanien und die Bundesrepublik. Sollte es am Rhein zum Machtwechsel kommen – wird dann die Gemeinschaft endgültig rot? Wenn sogar der wirtschaftlich stärkste Partnerstaat der Union in die Mehrheit einschert, bricht sich dann nicht doch wieder die alte sozialistische Neigung Bahn, aus dem vollen zu schöpfen, Steuern zu erhöhen, Schulden zu machen und Programme aufzulegen, um das hehre Ideal der sozialen Gerechtigkeit auch in einer Wirtschaftswelt zu pflegen, die dem shareholder value frönt?
Die „Presse“ aus Wien glaubt nicht, daß der Bombenanschlag den Friedensprozeß in Nordirland stoppen kann: Was seit dem Nordirland-Abkommen vom April geschehen ist, macht trotz der noch nicht verzogenen Rauchschwaden von Omagh Mut. Die Betonköpfe unter den Protestanten, die mit ihren Oranier- Märschen den Prozeß kippen wollten, hatten (selbst nach einem Brandanschlag mit drei toten Kindern) keinen Erfolg; es ist zu hoffen, daß die Betonköpfe der anderen Seite, die ein Scheitern ihrer Ziele nicht wahrhaben wollen, am Willen zu einer neuen Zukunft in Nordirland scheitern. Denn zwei Drittel der Bevölkerung haben sich für diese Zukunft entschieden. Wenn Loyalisten und Nationalisten auf dieser Basis Restzögerlichkeiten fallenlassen und – Omagh im Hinterkopf – das Tempo Richtung Frieden erhöhen, dann werden die Wunden zwar auch nie heilen, aber die Opfer nicht so sinnlos gewesen sein wie die Tat.
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