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Die nächste Zeugin

■ Mielke-Urteil verzögert sich weiter

Berlin (dpa) – Im Mordprozeß gegen den früheren Stasi-Chef Erich Mielke hat die Verteidigung nach 19 Monaten Verhandlungsdauer gestern überraschend eine neue Entlastungszeugin präsentiert. Das Urteil des Berliner Landgerichts, das zuletzt für den 20. Oktober vorgesehen war, wird sich dadurch weiter verzögern.

Wie der Verteidiger des 85jährigen Mielke, Stefan König, im Anschluß an die nur wenige Minuten dauernde Sitzung weiter mitteilte, wird außerdem der Berliner Verfassungsgerichtshof am Mittwoch nächster Woche über die weitere Inhaftierung Mielkes beraten. Der Ex-Stasi-Chef sitzt seit über drei Jahren im Gefängnis.

Bei der Entlastungszeugin handelt es sich nach Königs Angaben um die Tochter eines angeblich zur SA übergelaufenen früheren Kommunisten, der Mielke in Vernehmungen in den 30er Jahren schwer belastet hatte. Ihr Vater habe ihr erzählt, daß er von den Nazis mißhandelt worden sei.

Im Hinblick auf den Vorstoß beim Verfassungsgericht argumentiert die Verteidigung Mielkes wie die von Erich Honecker, die im Januar dieses Jahres die Freilassung ihres Mandanten erreicht hatte: Durch die Inhaftierung werde Mielke in seiner Menschenwürde verletzt. Im Fall Honecker hatte der Verfassungsgerichtshof in einem höchst umstrittenen Beschluß am 12. Januar 1993 das Landgericht angewiesen, die Haftbefehle aufzuheben.

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