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Archiv-Artikel

Die heidnischen Hasen von einst

CHRISTLICHES BRAUCHTUM Am Ostersonntag endet die siebenwöchige Fastenzeit. Die ist zwar uralt, aber manche versuchen tatsächlich noch, die einzuhalten

Nein, das Fasten ist noch nicht ganz vorbei, wenn Sie dies lesen. Oder – vielleicht doch. Die christliche Fastenzeit reicht jedenfalls traditionellerweise bis Ostersonntag. Das macht dann, von Aschermittwoch an gerechnet, 40 Tage – so viele, wie Jesus abstinent in der Wüste verbrachte.

Seit Beginn des Christentums verzichteten Gläubige in dieser Zeit auf tierische Produkte wie Fleisch, Milch, Wein – und Eier. Die wurden am Ostersonntag umso üppiger serviert, und zumindest dieser Teil des Rituals hat überlebt. Ostereier soll es übrigens schon in der Antike gegeben haben, und überhaupt sind die Osterbräuche ja ein Konglomerat aus Naturreligion, Judentum und Christentum. Der Hase etwa war heidnisches Fruchtbarkeitssymbol und wurde dann ins christliche Frühlings-Osterfest eingemeindet. Das Lamm wiederum verspeisten die Juden zu Pessach. Die Christen deuteten es flugs als Opferlamm und setzten es mit dem gekreuzigten Christus gleich.

Eine interreligiöse Mischung also, wobei die Nähe zum Judentum natürlich historisch bedingt ist, denn Christentums-Begründer Jesus war ja Jude. Und auch wenn von all dem heute großteils Kommerz geblieben ist, gibt es doch Ansätze, etwa die Fasten-Tradition wieder zu beleben. Der Hamburger christliche Verein Andere Zeiten zum Beispiel ruft seit Jahren bundesweit zur Aktion „Sieben Wochen anders leben“ auf, bietet Internet-Foren und unterstützt die Mitfastenden wöchentlich mit einem Brief. Darin gibt es nicht nur eine Fortsetzungs-Bibelgeschichte, sondern auch Reflexionen zur Schwierigkeit, den selbst gewählten Verzicht – etwa auf Alkohol, Schokolade, Handy – durchzuhalten. Und es ist die Rede von der inneren Freiheit, die das Fasten bietet.

Das alles erinnert ein bisschen an den alten Philosophen Sokrates, der einst nach einem Marktbesuch in Athen sagte: „Ich habe es sehr genossen, all diese schönen Dinge zu sehen, die ich gar nicht brauche!“ Aber ab Ostern darf man sie ja wieder brauchen, die Marzipan-Hasen, die Rum- und die Likör-Eier. Sehr angenehm.  PETRA SCHELLEN