piwik no script img

Die ganz normale Powerfrau

■ Dagmar Schipanski, konservative Kandidatin für die Bundespräsidentschaft, besuchte die CDU in Hamburg

Ihr Schmunzeln verschwand nur, als sie nach ihrer Meinung zum Kosovo-Krieg gefragt wurde. „Ich bin sehr betroffen, daß es keine andere Lösung als Luftschläge gab“, erklärte Dagmar Schipanski mit plötzlich leiser Stimme, „jetzt muß nach einer politischen Lösung gesucht werden“. Sorgenfalten bildeten sich auf ihrer Stirn, nervös knetete sie die beringten Hände. Ansonsten aber war der parteilosen Kandidatin der Konservativen für die Wahl der Bundespräsidentin am 23. Mai anzumerken, daß sie Spaß an ihrer Rolle hat. Gestern stellte sich Schipanski den Hamburger Abgeordneten in der Bundesversammlung und der Presse.

Selbst ihre politischen Gegnerinnen zeigten sich angetan von der Professorin für Festkörperelektronik aus Thüringen. „Eine sehr kompetente und selbstbewußte Frau“, lobte Antje Möller von der GAL. Nur ihre Ansichten seien zu konservativ. Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape (SPD) geriet fast ins Schwärmen über Schipanskis verständliche Sprache – „ein großes politisches Talent“.

Leicht zu erfassen waren Schipanskis Vorsätze für das Amt der Bundespräsidentin in der Tat, etwas zu leicht vielleicht. „Ich möchte Deutschland auf dem Weg in die Wissensgesellschaft Impulse geben“, erklärte die Kandidatin, „und zu mehr Verständnis zwischen Ost und West beitragen.“ Eine Diskussion über die Grundlagen der Demokratie sei notwendig. „Und nicht zuletzt will ich den Frauen Mut machen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen“.

Falsche Bescheidenheit kann man der 55jährigen nicht nachsagen. Schipanski unterstrich ihre Erfolge in der Wissenschaft und ihre Erfahrung in der Kooperation mit der Politik. „Eine Powerfrau“, so ein Journalist. Schipanski hatte Schmeicheleien offensichtlich nicht nötig: „Für mich ist das normal.“ Fast hätte frau vergessen können, daß sie eine konservative Kandidatin ist – wären nicht so häufig Schlagwörter wie „Wirtschaftsstandort Deutschland“ gefallen. Heike Dierbach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen