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Archiv-Artikel

Die endliche Geschichte

Alles auf Anfang? Heute wird der Bundesrat den Kompromiss in Sachen Pressefusion ablehnen

Von STG

Heute wird sich der Bundesrat der Neufassung des besonderen Kartellrechts für die Presse annehmen. Ein nach langem Tauziehen ausgehandelter Kompromiss der Koalition liegt zwar auf dem Tisch und ist angesichts der an Absurditäten alles andere als armen früheren Entwürfe zumindest das kleinere Übel. Scheitern wird die zustimmungspflichtige Gesetzesnovelle in der Länderkammer aber doch. In der gegenwärtigen Lage kurz vor den Wahlen in NRW geht es um Macht, nicht um Medienpolitik.

Die vom Bundestag im März verabschiedete Reform des Wettbewerbsrechts sieht unter anderem vor, den Zusammenschluss von Zeitungsverlagen zu erleichtern. Demnach können Zeitungen ohne akribische Prüfung durch das Kartellamt fusionieren, wenn der Jahresumsatz aller beteiligten Blätter 50 Millionen Euro (bisher: 25 Millionen) nicht überschreitet. Außerdem dürfen kleine Zeitungsverlage unter zwei Millionen Euro Umsatz ganz ohne Anmeldung beim Kartellamt übernommen werden. Die im ursprünglichen Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) enthaltene „Altverlegerklausel“, die unter Verweis auf die Zeitungskrise auch marktbeherrschende Fusionen erlaubt hätte, wurde gestrichen. Dafür macht der Koalitionskompromiss den Weg für umfangreiche Kooperationen in den Bereichen Vertrieb, Druck und Anzeigen frei. Bedingung: Das Kartellamt muss festgestellt haben, dass so mindestens einer Not leidenden Zeitung tatsächlich geholfen werden kann und die redaktionelle Unabhängigkeit der beteiligten Titel bestehen bleibt. Insgesamt können sich höchstens fünf Zeitungen an einer Kooperation beteiligen.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) durfte nun schon am Montag den Widerstand der Opposition gegen den Entwurf bekräftigen: Er schaffe zu große Freiräume ohne kartellrechtliche Eingriffsbefugnisse. Auch die Großverlage lehnen den Koalitionskompromiss ab – interessanterweise mit dem genau gegenteiligen Argument: Ihnen geht der Einfluss des Kartellamts viel zu weit, weil Kooperationen grundsätzlich erst nach genauer Prüfung und Zustimmung der Behörde möglich sein sollen. Wie Kartellamtschef Ulf Böge dabei sein Amt versteht, hat er während der heftigen Diskussionen im vergangenen Jahr unmissverständlich klar gemacht: Ginge es nach ihm, reichten die bisherige Regelungen völlig aus.

Weil so viel Deutlichkeit von unabhängigen Beamten in der Berliner Republik eigentlich nicht vorgesehen war, wurde Böge vom Wirtschaftsminister und sogar vom Kanzler öffentlich abgewatscht – und hält sich bislang mit Einschätzungen zum aktuellen Kompromiss zurück. Ähnlich knausern die Verlegerorganisationen: Weder vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger noch von der vor allem kleinere Zeitungen vertretenen Initiative Lokalpresse gibt es – anders als zu den früheren Entwürfen – konkrete Stellungnahmen. Wolfgang Clement hatte am Anfang der Novellierungs-Odyssee stets erklärt, die Bundesregierung reagiere mit der Reform auf die Bitten der Verleger. Sollten sich diese aber nicht einig werden, könne mit seinem Segen auch alles bleiben, wie es ist. Es wäre wohl das Beste. STG