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Archiv-Artikel

Die drei Fragezeichen „Die Ratten sind überall“

IGITT! Ein Berliner Mikrobiologe findet in Rattenkadavern multiresistente Darmkeime – sie könnten auch für Menschen zur Gefahr werden

taz: Herr Günther, wird Berlin von Monsterratten heimgesucht, wie man lesen konnte?

Sebastian Günther: Monströs an den Berliner Ratten ist höchstens ihre Verkeimung – ansonsten handelt es sich um ganz normale Wanderratten. Seit zwei Jahren untersuche ich jede tote Ratte, die mir von den Schädlingsbekämpfern gebracht wird. Jede dritte der 200 von mir untersuchten Proben wies Kolibakterien auf, die resistent gegen mehrere Arten von Antibiotika sind. Ich vermute, dass die Ratten über die Kanalisation mit den Abwässern von Krankenhäusern in Kontakt kommen und so mit den Keimen infiziert werden.

Sind die Ratten eine Gefahr für die Berliner?

Sie werden keine „Kampfratten“ finden, die die Menschen anfallen und beißen. Das Problem ist, dass die Rattenpopulation in der Stadt sehr groß ist. Eine Faustregel besagt, dass auf jeden Berliner mindestens eine Ratte kommt – und das ist eine konservative Schätzung. Die Ratten sind überall, entsprechend hoch ist das Infektionsrisiko. Über den Kontakt mit den Ausscheidungen der Ratten oder über Flohbisse könnten die Keime auf den Menschen zurückspringen. Mögliche Folgen sind Blutvergiftungen, Harnwegsinfektionen und Durchfall.

Wie können wir uns vor den Keimen schützen?

Wir müssen herausfinden, ob und in welchem Ausmaß die Keime von den Ratten auf Menschen übertragen werden. Dazu sollten mindestens tausend Ratten untersucht werden. Eine Bestandsaufnahme der Berliner Rattenpopulation wäre angebracht. Auch muss geklärt werden, ob die Ratten neben den Kolibakterien noch andere Erreger in sich tragen. Die letzten detaillierten Untersuchungen in diese Richtung wurden vor mehr als zwanzig Jahren durchgeführt.

Interview: Timo Kather

■ Dr. Sebastian Günther, 35, forscht seit fünf Jahren am Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der Freien Universität Berlin