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Die anderen

Rudolf Augstein kommentiert im Spiegel die Glaubwürdigkeit von Politikern: Johannes Rau musste ohne moralische Autorität antreten, die er doch braucht und die man sich nur schwer erkämpfen kann. Nun muss er erleben, dass sein erfolgreicher Vorgänger Richard von Weizsäcker ihn zu schützen versucht, indem der dafür eintrat, die Vorgänge um den jetzigen Bundespräsidenten Rau nicht mit denen um den moralisch erledigten Ministerpräsidenten Hessens, Roland Koch, zu vergleichen, weil die moralische Substanz dieser beiden Fälle völlig unterschiedlich sei. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen diesen beiden Amtsträgern sichtbar groß. Während es keinen stichhaltigen Beweis gibt, Rau den Amtsverzicht anzusinnen, gibt es jeden Grund, den diskreditierten Hessen aus der vordersten Linie zurückzuziehen. Koch sieht dafür nicht den geringsten Grund, seine hessische CDU-Gefolgschaft auch nicht. Es stimmt, dass sie ohne ihn kopflos würde. Sie reagiert, wie jeder Psychologe hätte voraussehen können, trotzig. Und die FDP? Sie gibt sich in Hessen als jene „alte Pendlerpartei“, als die Herbert Wehner sie zu Beginn der Regierung Brandt/Scheel 1969 noch beschimpft hatte. Die sechsköpfige Landtagsfraktion unter der gesichtslosen Führung Ruth Wagners klebt an ihren Regierungssitzen.

Im Focus meint Harald Schmidt zu Kandidaten für den CDU-Vorsitz: Aus Sicht von Angela Merkel dürfte Mick Jagger ein alter Mann sein. Schließlich ist er in etwa so alt wie Volker Rühe, und der will Angie – wie wir, ihre Fans, sie nennen – die Rolle als Frontfrau in der CDU streitig machen. Trotzdem ist die Figur des „Oberstone“ (lässiger Begriff für Jagger im süddeutschen Privatradio seit den Achtzigern, wo man auch Scheibe für Platte und Streifen für Film sagt) für die Zukunft der CDU nicht ohne Bedeutung, denn so, wie mit Bill Clinton zum ersten Mal ein US-Präsident jünger als Mick Jagger war, so wäre mit Angela Merkel erstmals ein CDU-Vorsitzender a) eine Frau und b) jünger als Thomas Gottschalk. Erneuerung pur! Weiter darf vermutet werden, dass der völlig designierte Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz, 44, ebenso wie viele seiner Generation die Hände zum ersten Mal unter einen Pullover des anderen Geschlechts schob zu den Klängen der Engtanzhymne „Angie“ von den Rolling Stones. Ahnte Mick etwas vom zurückgetretenen Ehrenvorsitzenden und von einundvierzig Komma irgendwas Millionen, als er die Zeile „with no money in our coats and no lovin’ in our souls“ mehr stöhnte als sang? Wenn die Union die Zeichen der Zeit erkannt hat, dann wählt sie jetzt Angela Merkel.

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