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■  Die Zahl der Flüchtlinge aus dem Kosovo steigt weiter an. Als Antwort fällt der Nato nur eine Intensivierung der Bombenangriffe ein. Die EU ist immer noch nicht bereit, sich auf Flüchtlingsquoten festzulegen. Begründung: Damit würden noch mehr Flüchtlinge produziertWir kommen lieber zu euch

Die Europäische Union bleibt bei ihrer restriktiven Flüchtlingspolitik. Trotz der immer kritischeren Lage in den Flüchtlingslagern Albaniens und Makedoniens sind die EU-Länder nicht bereit, sich auf feste Quoten für die Aufnahme von Kosovo-Albanern festzulegen. Die Innenminister einigten sich gestern bei einer Konferenz in Brüssel lediglich darauf, gemeinsame Regeln für die Aufnahme zu entwickeln. Die Festlegung von Aufnahmezahlen soll aber freiwillig bleiben.

Künftig soll das UN-Flüchtlingshilfswerk Anträge an die einzelnen EU-Mitgliedstaaten über die „Aufnahme von Vertriebenenkontingenten“ stellen, beschlossen die Innenminister. Nach einem Vorschlag der Niederlande soll zudem die EU-Kommission den Ministerrat benachrichtigen, „falls die Gesamtzahl der Vertriebenen, die die Mitgliedstaaten aufzunehmen bereit sind, erheblich unter den vom UNHCR beantragten Kontingent liegt“. In österreichischen Delegationskreisen hieß es, die südeuropäischen Länder sowie Frankreich und Großbritannien weigerten sich, wesentlich höheren Quoten als bisher zuzustimmen. Von deutscher Seite verlautete dagegen, „es soll kein Signal gesetzt werden, mit der Festlegung konkreter Quoten noch mehr Flüchtlinge zu produzieren“.

Auch für den finanziellen Ausgleich der stärker belasteten Länder, vor allem Makedonien und Albanien, fanden die Minister gestern noch keinen Kompromiß. Lediglich zu den Asylverfahren sah der niederländische Vorschlag vor, die Prüfung von Asylanträgen von Vertriebenen höchstens drei Jahre auszusetzen. Mit diesen Beschlüssen sind die EU-Innenminister nicht über die Vorschläge des Luxemburger Ratstreffens vom 7. April hinausgekommen, bei dem ebenfalls keine verbindlichen Quoten genannt wurden.

Deutschland hielt bei der Konferenz am bisherigen „Kontingent“ von 5.000 Flüchtlingen fest. Nachdem zunächst 10.000 Kosovaren aufgenommen worden waren, dürfen jetzt weitere 5.000 Vertriebene ins Land. Davon waren bis gestern 2.850 Menschen eingetroffen. Weitere 5.000 Menschen dürfen nur dann ins Land, wenn die anderen EU-Länder ihren Verpflichtungen nachkommen. Auf diese Position hatten sich Bund und Länder Anfang Mai geeinigt.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, forderte nach einem Besuch der Flüchtlingscamps hingegen, zusätzlich 10.000 Vertriebene in Deutschland aufzunehmen, auch wenn andere Staaten nur zögerlich handelten, sagte Struck der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Sein Stellvertreter Gernot Erler, der ihn nach Makedonien und Albanien begleitet hatte, sieht allerdings zuerst die EU in der Pflicht. „Die EU muß auf jeden Fall mehr Flüchtlinge schneller aufnehmen“, sagte Erler zur taz. Er drang darauf, auch Flüchtlinge aufzunehmen, die in Albanien untergekommen sind. Das verweigere bislang die albanische Regierung, so daß nur Flüchtlinge aus Makedonien ausgeflogen werden. Viele Vertriebene weigern sich daher, in Flüchtlingslagern in Albanien untergebracht zu werden. Dadurch seien die makedonischen Lager überfüllt, im „humanitären Korridor“ in Albanien dagegen ständen die Camps teilweise halb leer. „Das muß sich ändern“, appellierte Erler. Peter Sennekamp, Jutta Wagemann

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