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Die Wochenvorschau von Thomas MauchEinfach wieder mal ins Kino gehen

Breite Leinwand, so viele Möglichkeiten, sie zu füllen. „Man macht Filme, um Menschen abzulenken, sie für etwas zu interessieren, zum Nachdenken zu bewegen und sie vielleicht sogar ein kleines bisschen besser zu machen.“ So hat es der französische Regisseur Claude Chabrol ausgedrückt. Gerade feierte sich die Filmbranche mit dem jährlichen Oscar-Reigen, und dass das Kino weiterhin der Ort ist, wo unser aller Leben verhandelt wird (und es sich manchmal gar entscheidet), das darf man auch heute am Montagabend erfahren.

Es könnte sogar ein Thriller werden. Das Thema: eine breite und bedeutsame Straße in Berlin, die gerade umgebaut und neu gestaltet wird. Es geht also um die Karl-Marx-Allee und was da auf dem Mittelstreifen passieren wird. In einigen Monaten sollen die Bauarbeiten fertig sein, in einem Bürgerdialog möchte man nun klären, wie dieses „fertig“ aussieht. Ein Grünstreifen? Parkplätze? Von „Verkehrssicherheit“ ist in der Einladung zum Bürgerdialog zu lesen und der Frage, „wie sich das Quartier klimarobuster gestalten lässt“.

Was das nun mit dem Filmgeschäft zu tun hat? Nichts. Aber das Dialogangebot, bei dem auch Regine Günther, die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, dabei sein wird, findet am Montag um 18.30 Uhr eben im Kino International in der Karl-Marx-Allee statt.

Jetzt aber wirklich großes Kino: Dass vor nunmehr hundert Jahren der Film „Das Cabinet des Dr. Caligari“ in die Lichtspielhäuser kam, ist Anlass einer Ausstellung der Deutschen Kinemathek am Potsdamer Platz. Mit „Du musst Caligari werden!“ wird einer der wirkmächtigsten deutschen Filme gewürdigt, der Klassiker des expressionistischen Stummfilms mit dem ganzen Programm: Wahnsinn, Morde und einem Taumel, der bereits in den grotesk verzerrten Kulissen des Films eingeschrieben ist.

Und weil das Kino eben der Ort ist, wo das Leben mit seinen Umständen zumindest einen Ausdruck finden, kann man in diesem Caligari-Film schon all die Sehnsüchte, Ängste und auch Schrecken erleben, die für den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte in die Nazizeit hinein bedeutsam waren. So wie das der Soziologe und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer gemacht hat in seinem Buch „Von Caligari zu Hitler“, einer „psychologischen Geschichte des deutschen Films“. Im Caligari witterte er eine kollektive psychische Disposition, die die späteren Entwicklungen unbewusst vorwegnahm oder auch herbeisehnte.

Gern hätte man jetzt natürlich gelesen, wie Kracauer das gegenwärtige Filmschaffen deuten würde. Zum Beispiel den aktuellen „Joker“ beschauend.

Die Caligari-Ausstellung im Filmhaus, Potsdamer Straße 2, wird am Mittwochabend eröffnet. Und im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz gibt es den Film am Sonntag um 18.30 Uhr musikalisch opulent begleitet vom Babylon Orchester Berlin zu sehen.

Und bevor man dann nächste Woche wieder ganz konzentriert in einem Festivalrahmen mit der Berlinale (sie startet am 20. Februar) die vielen neuen Filme begucken kann, darf man doch erst mal ganz grundsätzlich und fast schon „Sendung mit der Maus“-mäßig fragen: Wozu sind Filmfestivals da?“ Am Mittwochabend macht man das in der Akademie der Künste am Pariser Platz. Dabei wird Akademie-Präsidentin und Filmemacherin Jeanine Meerapfel mit den Machenden von internationalen Filmfestivals diskutieren, unter anderem natürlich mit Carlo Chatrian, dem neuen künstlerischen Leiter im Haus.

Man kann in dieser Woche aber auch einfach so mal wieder ins Kino gehen.

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