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Die Wochenvorschau von Claudius PrößerRasende Autos, laufende Prozesse

Kennen Sie die „Speedweek“? Nein, mit Dating hat das wenig zu tun, und auch um Glasfaserkabel geht es nicht. Die Woche der Geschwindigkeit ist vielmehr das, was gerne auch als „Blitzermarathon“ gelabelt wird: Eine Aktion der deutschen Polizeibehörden, um mal ein bisschen Awareness bei RaserInnen zu schaffen. Aber während in Brandenburg wie in fast allen anderen Bundesländern von Montag bis Sonntag überall – besonders an Gefahrenstellen wie vor Schulen – verstärkt kontrolliert wird, hält Berlin sich diesmal vornehm zurück.

Bei früheren Speedweeks begründete das Innenverwaltung damit, dass die Wirkung solcher Aktionen kaum messbar sei und sich vor allem auf die Aktionstage selbst beschränke. Lieber mache man das ganze Jahr über Druck auf Autofahrende mit nervösem Gas-Fuß. Klingt einerseits nachvollziehbar. Andererseits kritisiert die verkehrspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Antje Kapek, dass der Senat es trotz erschreckend hoher Unfallzahlen nicht für nötig halte, auch nur an einem solchen Aktionstag teilzunehmen. Lieber wäre freilich auch ihr, die Landesregierung setzte kontinuierlich auf zusätzliche Blitzer.

Spannend wird diese Woche nicht nur für TemposünderInnen, sondern auch vor Gericht: Es ballen sich gleich drei von medialem Interesse begleitete Prozesse. Da ist das schon laufende Verfahren gegen den palästinensischen Influencer, der in Neukölln eine Rakete in ein Wohnzimmer schoss – gleich am Montag geht es weiter. In der vergangenen Woche hatten die direkten Opfer des Beschusses ausgesagt, die die Entschuldigung des Mannes akzeptierten. Das Gericht machte allerdings schon klar, dass das vor Strafe nicht schützt.

Ebenso wird vor dem Kammergericht der Prozess gegen die mutmaßlichen Ex-Mitglieder der linksextremistischen Vereinigung „Das Komitee“ fortgesetzt die beiden nicht mehr ganz jungen Männer, die 1995 einen Sprengstoffanschlag auf den Abschiebeknast in Grünau geplant haben sollen. Die beiden flohen nach Venezuela und stellen sich nun dem Verfahren – es gibt offenbar einen Deal. Nicht so beim Auftakt des Verfahrens gegen den Mann, der den israelischen Studenten Lahav Shapira vor über einem Jahr ins Gesicht geschlagen getreten haben soll. Am Dienstag geht es los, es sind vorerst zwei Verhandlungstermine angesetzt.

Zum Schluss noch was Historisches: Gerade erst wurde in Steglitz nach jahrzehntelangem Gezerre die Umbenennung der Treitschkestraße beschlossen – schon geht es dem nächsten Nationalisten, Militaristen und Naziwegbereiter an den Kragen, der immer noch per Straßenschild geehrt wird. Am Dienstag wird der Hindenburgdamm nach einer Ärztin und Widerstandskämpferin in „Edith-Jacobson-Damm“ umbenannt. Natürlich nicht offiziell, das wäre ja zu schön: Es handelt sich um eine symbolische Aktion einer Initiative. Bis es wirklich mal so weit ist, kann es in Steglitz-Zehlendorf – siehe Treitschke – eine Ewigkeit dauern.

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