piwik no script img

Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Es gibt nichts Überflüssigeres als ein Einheitsdenkmal in Berlin-Mitte - ein cooles Oberarmtattoo für Angela Merkel würde vollends genügen.

t az: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mir fehlt rings um den 9. 11. immer ein Hauch jenes Gedenkens, das Kohl & Co damals willkürlich auf den 3. 10. verlegten.

Bild: taz

Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Was wird besser in dieser?

Sabine hat Geburtstag!

In dieser Woche wollen die Lokführer flächendeckend streiken. Wer nervt mehr - die Lokführer oder der Bahnvorstand?

Wirtschaftslobbyisten, die bei jeder Streikminute im Güterverkehr den Weltuntergang heraufbeschwören - während ihnen der Streik gegen Bahnpassagiere herzlich wumpe war.

Spricht irgendetwas gegen einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführer?

Das Gewissen der Lokführer, hatte ich gehofft. Es ist ja nun mal die Idee gewerkschaftlicher Organisation, "gemeinsam stark" zu sein. Fällt schwer, sich Schuldirektoren- oder Ich-bin-was-Besseres-Gewerkschaften vorzustellen, die nicht für, sondern auf Kosten ihrer Kollegen Verbesserungen erstreiten wollen. In der nächsten Tarifrunde wird die Bahn ihren restlichen Beschäftigten erzählen, man könne die Löhne kaum erhöhen, weil die Lokführer schon alles weggefressen hätten. Gratuliere, Kollegen!

Der Bundestag hat ein Einheitsdenkmal in Berlin-Mitte beschlossen. Wie sollte das aussehen?

Eine Volkskammer und ein Stadtschloss, die man durch komplizierte, überlegene (Fraunhofer-Institut usw.) deutsche Ingenieurskunst ca. stündlich zu realer Größer aufblasen und wieder einreißen kann. Das gedenkt richtig und bringt großen Hüpfburgspaß für die Jüngsten. In der Fläche außerhalb Berlins können sich Städte mit mehr als 5 Prozent NPD im Stadtrat für eine Stadtmauer qualifizieren.

Warum eigentlich Berlin? Wäre Leipzig als Standort nicht besser gewesen?

Oder insgesamt unterirdisch? Wir haben hier im Ruhrgebiet noch allerhand abgesoffene Bergwerke. Ich kann mir wenig Überflüssigeres vorstellen als ein Denkmal für etwas, was allgegenwärtig ist. Reicht nicht ein cooles Tattoo am Oberarm von Angela Merkel?

Machen Sie sich, als Dortmunder, eigentlich große Sorgen um die Stabilität Ihres Nachbarlandes Belgien?

Nein, der Westenhellweg gilt zwar gerade in der Adventszeit als schönste Einkaufsstraße Hollands - belgische Gäste aber haben doch eine erheblich weitere Anreise, sind seltener zu sehen. Wenn Sie auch, gerade aus Dortmunder Sicht, unser volles Mitgefühl für diese Stella-Artois-Plörre haben. Wer das je trank, fragt sich, wie das Land überhaupt so lange halten konnte.

Was ist eigentlich dran an den Gerüchten, NRW wolle sich mit dem Benelux vereinigen?

Endlich mal ne Wiedervereinigung, die Sinn macht, ich wäre dabei. Nein, viele grenznahe Regionen sind lebendiger, teilen Institutionen von Kindergarten bis Arbeitsagentur und funktionieren mehr oder minder zweisprachig. Das gilt für die niederländisch-deutsche Grenze, wobei es für die Käsköppe halt sehr wichtig ist, immer schön arrogant über uns doofe Moffen herziehen zu können. Deutsche Großväter haben holländischen Großvätern "het fiets gestolen", heißt: Die Wehrmacht hat Fahrräder konfisziert. Und das war noch das Geringste. Als Deutsche(r) rechnet man besser jederzeit damit, dass auf den Toast geschmiert zu bekommen. Zumal es dummerweise auch noch stimmt. Mit Luxemburg hat NRW keine, mit Belgien kaum Grenze, da gibt es keine besonderen Beziehungen. Die Niederrhein/Achterhoek-Region taugt allemal als Vorbild für z. B. die polnisch-deutsche Zukunft.

Am 14. November wäre die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren 100 Jahre alt geworden. Was hat sie uns heute noch zu sagen?

Einstiegsdroge in die Produktfolge Langstrumpf, Knäcke, Ikea, Volvo, Schwedenrätsel. Wüsste nicht, wie ich die Gattung "Kinderliteratur" gültig beschreiben sollte, ohne den Namen Lindgren anzuführen. Glaube auch, dass sie die Latte auflegt, die dann Bücher wie "Harry Potter", "Herr Der Ringe", die komplette "Tintenblut"-Folge nehmen müssen, um vor dem Lindgren-geschulten Lesepublikum zu bestehen.

Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen die Schlüsselfiguren der VW-Affäre um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten, Exbetriebsrat Klaus Volkert und Expersonalchef Klaus-Joachim Gebauer. Was erwarten Sie sich davon?

Golf, der nur auf Felgen rollt (Sondermodell "gegen Aufpreis ohne Gummi").

Der Schmiergeldskandal bei Siemens ist noch größer als anfangs angenommen. Kann der neue Chef Peter Löscher den Ruf des Unternehmens wiederherstellen?

Keine Ahnung.

1,3 Milliarden Euro hat der Konzern dafür ausgegeben, im Ausland an Aufträge zu kommen. Was sagt man dazu?

Bakschisch? Schmiergeld? Milieugerechte Straftat? Überlegene deutsche Technologie? Grund für Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften? Arschlöcher?

An der Börse hat die Angelegenheit dem Konzern nicht sehr geschadet. Warum eigentlich nicht?

Tippe, es gilt in diesen Kreisen als Kompetenznachweis, für Profite nachweislich skrupellos zu agieren.

Am Samstag tritt die Nationalmannschaft gegen Zypern an, das Spiel hat nur noch statistischen Wert. Sollte man es sich trotzdem ansehen?

Man denkt unwillkürlich an die 13 Dinger gegen San Marino zum Auftakt der EM-Quali letztes Jahr - und gegen "den erwartet schweren Gegner Faröerinseln" in der vorigen Epoche. Insofern hat auch das Zypernspiel seine Relevanz.

Was macht Borussia Dortmund?

Keine 13 Dinger.

FRAGEN: DB

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!