Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Funktion der Metzgerin ist ein personalisierter Folgeschaden der Beckschen Führungsfehler. Wir müssen uns Standfußball übelster Sorte anschauen - und geführte Grüne sind nicht attraktiv.
t az: Was war schlecht letzte Woche, Herr Küppersbusch?
Friedrich Küppersbusch: Wieso ist im Sturm durchzustarten eine Heldentat, solange es ein Pilot tut - und ein Skandal, wenns die 24-jährige Kopilotin war?
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Was wird besser in dieser?
Durchgeknallte Verkehrsthemen wieder von Profis, Mehdorn und Schell.
Wie wird der Auftritt der hessischen SPD-Abweichlerin Dagmar Metzger in Erinnerung bleiben?
Wie hieß noch mal die einzelne SPD-Abgeordnete, die sich Schröders Vertrauensfrage zum Afghanistaneinsatz nicht beugte? Sie flog - mit einem Strauß Blumen - aus Fraktion und Parlament. Die Funktion der Metzgerin ist ein Folgeschaden der Führungsfehler Becks. Vielleicht auch eine personalisierte Antwort auf die DKP-Mauermeisterin Christel Wegner.
Dagmar Metzger hat aus ethischen Gründen Nein gesagt - sagt sie. Oder ist sie Teil einer Intrige?
Aus Becks Sicht wäre jeder Teil einer Intrige, der Ja gesagt hat. Das führt ins Nirwana.
Was kann Kurt Beck jetzt noch richtig machen?
Seine Nachfolge regeln.
Am Montag spricht Beck vor der Bundespressekonferenz - wird das ein großer Tag für Frank-Walter Steinmeier?
Das ist deutscher Standfußball der übelsten Sorte, da können sie gleich den späten Lothar Matthäus nehmen. Keiner hat ne Idee, niemand übernimmt Verantwortung, jeder möchte hinterher sagen können, dass er aber nicht Schuld hat. Und schiebt den Ball jeweils dem zu, der gerade noch frei rumsteht. Sobald Steinmeier Chef ist, holt die Union seine gesammelten CIA-Ungereimtheiten aus der Kanzleramtszeit wieder vor. Und dann wird es ein ranghoher Ortsbürgermeister, so was müsste sich selbst in der SPD noch finden. Für welches Programm steht Steinmeier? Hat nach Steinmeier vielleicht Klaus Kinkel Langeweile im Genscherheim für stillgelegte Außenminister?
Peter Struck hält die Linkspartei für eine überschätzte "Übergangserscheinung", die es zu überstehen gilt. Ist das eine kluge Einschätzung?
Es ist überhaupt mal eine! Auf der fußend man eine konkrete Strategie entwickeln kann. Was bietet man abgeschröderten Gewerkschaftern? Welche Leuchttürme stellt man "Sozialdemokraten" à la Bisky, enttäuschten Grünen und heimatlosen Linken auf? Was, akut, sagt die SPD denjenigen Grünen, die nicht der Union in den Sattel helfen wollen? Was sagt Lafontaine, wenn Maass ihm ein gemeinsames Antreten bei der Saar-Wahl androht? - Struck formuliert immerhin mal ein Ziel, an dem er sich messen lassen muss. Das wirkt bei der derzeitigen SPD-Truppe wie parteischädigendes Verhalten.
Auch andere Parteien stehen vor Personalfragen, die Grünen beispielsweise. Wer soll Nachfolger von Reinhard Bütikofer werden?
Eine junge Frau aus dem Osten, nehme ich an, also: Robert Zion aus Gelsenkirchen. Er hat die Grünen an ihre friedenspolitischen Wurzeln gemahnt, er weiß aus seinem Wahlkreis, wie es auf Platz vier hinter der Linkspartei ist. Und - freut sich Gott nicht über jede Seele, die man aus Schalke rausholt?
Ist es überhaupt attraktiv, die Grünen zu führen?
Geführte Grüne sind nicht attraktiv, das widerspricht der Ursprungsidee der Partei. Zum letzten Wahlergebnis hat Fischer die Grünen geführt. In dem Moment, in dem andere Einheiten - Unternehmen vorneweg - dezentrale und kollektive Selbstorganisation plagiieren, könnte das den Grünen zu denken geben.
Haben die Grünen ein Nachwuchsproblem?
Das Partei gewordene Misstrauensvotum gegen herkömmliche Politik kann man nicht mehr sein, wenn man herkömmliche Politik ist. "Revolutionär rumquatschen und heimlich fromm mitmachen" liegt der Linkspartei eher - was sie nicht sympathischer macht, aber den Grünen gerade bei jungen Wählern wie Aktivisten Probleme.
Am Samstag war Frauentag - haben Sies bemerkt?
Ja nun. Bei Lektüre dieser Zeitung. Vielleicht auch ganz gut, dass er nicht zum Muttertag auf Linksmodern ausufert.
Und was macht Borussia Dortmund?
Schlägt am 18. Jena, fährt nach Berlin, gewinnt 19 Jahre danach wieder den Pokal. Wir halten das nur aus Gründen des Aberglaubens noch ein bisschen geheim.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland