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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Kommentar von

Kanzlerin Angela Merkel hüpft ins Rettungsboot. Und Oskar Lafontaine ist ein egomanes Rumpelstilzchen.

Bild: taz

FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: 16 Prozent in Umfragen für die Partei des gescheiterten Neoliberalismus.

Was wird besser in dieser?

"Mitleid" kommt auch ins Grundgesetz.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) möchte gerne abtreten. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer lässt ihn nicht. Sollte Glos abtreten?

Sollte Unfallflucht legalisiert werden? Mal angenommen, dass die Bundesregierung nicht grundsätzlich via BamS miteinander kommuniziert, hat der Michi dem Hotte am Urinal zugraunzt: "I wui weita nach dera Wahl!" Da hat der Hotte dem Michi gsogt: "Nacha kimmats Guido, da brachidi nimma!" Da hatte der Michi so was von an Hals kriagt, dass ers glei in die Zeitung neigsetzt hat, dass sie ihn amol können, kreuzweis, hostmi, gell.

Warum lässt Seehofer Glos nicht ziehen?

Entweder gibt es bereits eine Absprache, die zum Beispiel Glos kennt, oder wenigstens eine hohe Erwartung: Nach der Wahl wird Westerwelle mindestens Außen-, Wirtschafts- und ein, zwei weitere Ministerien fordern. Immerhin ereignet sich der vermeintlich "plötzliche" Ausraster von Glos exakt in dem Moment, in dem die Umfragen der FDP 16 Prozent verheißen. Wer aus der CSU sollte so behämmert sein, für sechs Monate anzutreten, sich die Ohrfeigen für die Wirtschaftspolitik abzuholen und dann, sagen wir mal, Rainer Brüderle das Amt zu übergeben? Den Einzigen, der so doof ist, haben sie schon. Der heißt Glos.

Angela Merkel kritisierte öffentlich den Papst. Darf die Politik sich in Kirchenangelegenheiten einmischen?

Habe nicht den Eindruck, dass die Kirche sich die Frage umgekehrt stellt. Merkel lernt vielleicht langsam, dass sie insgeheim auch immer Vorsitzende von Adenauers katholischer Zentrumspartei ist und deren "Union" mit den Protestanten. Eine Unionsvorsitzende muss sich zu Kirchenfragen äußern, und zugleich muss sie außenpolitische Rücksichten nehmen. Merkel hat sich in das Desaster eben gerade nicht eingemischt, sondern hüpft ins Rettungsboot, nachdem der internationale Wellengang riskant wurde.

Noch ein Abgang: Nach dem Holocaust-Hickhack: Sollte der Papst zurücktreten?

Schade, kann er nicht. Da Ratze das Zweite Vatikanische Konzil anerkennt, hängt er aus Sicht der Pius-Brüder einem lästerlichen Irrglauben an und kann gar nicht Papst sein, der Stuhl ist unbesetzt, Sedusvakanz. Für liberale Nebenpapisten hingegen dürfte Ende Mai mit Gesine Schwan eine interessante Kandidatin verfügbar sein ("Wir sind Päpstin").

Linken-Chef Oskar Lafontaine hat überraschend seine Bewerbung um ein Bundestags-Direktmandat im Saarland zurückgezogen, weil er als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im ganzen Land gebraucht werde. Wirklich?

Lafontaines historische Chance und Aufgabe ist die Wiederannäherung der linkeren Parteien. Ansonsten geht er als egomanes Rumpelstilzchen in die Geschichte ein. Wahlkreis hin oder her.

Kassenärzte fordern 1 Milliarden Euro mehr Honorar. Größenwahn?

Nein, Beipackzettel nicht gelesen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat Honorarsätze mit verabschiedet, nach denen - endlich - bundesweit gleiche Leistung gleich abgerechnet wird. Also schimpfen nun Ärzte aus Bayern und Ba-Wü, während die im Osten eher verhalten jubeln. Ergebnis: Die KBV haut einfach mal ne Forderung nach einer MRD raus, dann fällt ihr Versagen nicht so auf.

Der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch darf vorerst keine Sterbehilfe mehr leisten. Dies hat das Verwaltungsgericht in der Hansestadt am Freitag in einem Eilverfahren entschieden. Gut so?

Ich wüsste, nicht, mit wem Frau Ypsilanti noch alles hätte koalieren müssen, um sich so schmutzig zu machen, wie von Beust gleich zum Amtsantritt war. Man wird kein besserer Mensch, wenn man hinterher brav schwarz-grün macht wie die Hamburger CDU. Die wohlfeile Empörung, mit der die Frau kaputtgeschrieben wurde, während der Mann als sexy kleinparteienpromisk angeschwärmt wird, ist eine Schande für die Medien, die die Melodie brav mitgesungen haben.

Barack Obama hat bei seiner Personalentscheidung versagt. Ist der Hype um ihn vorbei?

Vor dieser Überbewertung hätte auch Jesus resigniert.

Deutschland ist beliebtester Staat der Welt. Häh?

Na ja. Vor hundert Jahren hätte das kaiserliche Deutschland aus entgegengesetzter Richtung ("Pardong wird nich jejeben, Jefangne nich jemacht") - genauso verstört geguckt : "Häh? Die finden uns … NETT? Mist."

Der US-Schwimmverband sperrt Michael Phelps für drei Monate, weil dieser gekifft hat. Eine angemessene Strafe?

Heißt das, mein Abi ist ungültig?

Und was macht Borusia Dortmund?

Spielen so, dass wir bald auch die beliebteste Mannschaft der Welt sind … wäh. FRAGEN: CAK

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1 Kommentar

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  • MS
    M. Stocker

    Zum Abschnitt Roger Kusch, der dankenswerterweise mit einer Einlassung zu Ypsilanti und Ole von Beust beantwortet wurde: (Es) 'ist eine Schande für die Medien, die diese Melodie brav mitgesungen haben'. Wie wahr! Aber wie üblich in bürgerlichen Medien, kommt diese schallende Ohrfeige für den mit-hetzenden Teil der Taz-Journaille keine 10 Wochen später - und damit doch vielleicht leicht zu spät. An den Fall v. Beust konnte sich in der Taz-Redaktion während des Wahlkampfs und der Koalitionsbildung nämlich keiner mehr erinnern.