Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Hitler steht vor seiner Enttarnung als Informeller Mitarbeiter, Opel könnte unter russischer Führung Gasautos bauen und Firmenretten könnte eine Sportart werden, meint Friedrich Küppersbusch.
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: WUMS
Was wird besser?
W-irklich E-hrlich N-atur D-emokratie E-ngagement L-iberal I-nterlational N-asiehstegehtdoch.
Opel scheint gerettet, Gewerkschafter und Betriebsräte loben die Magna-Lösung. Zu Recht?
Besser als Heuschrecke, Fehler-In-Allen-Teilen-FIAT oder die Pekinger Staats-Opel. Manchen, denen eine deutsche Staatsbeteiligung der Weltuntergang schien, dürfen sich jetzt über eine russische freuen. GM hat Patente und Lizenzen aus Opel herausamputiert, um sie sich dann von Opel teuer bezahlen zu lassen. Deshalb weiß derzeit niemand wirklich, ob Opel nicht in sich profitabel wäre. Nun wird Putin es herausfinden und vielleicht seinen nützlichen Idioten in der deutschen Neolib-Fraktion dankbar sein. Eine längere Staatstreuhand, bis der Laden nüchtern zu beurteilen wäre, und strenge Auflagen Richtung Umwelt-Mobilität wären eine sinnvolle Alternative.
Der russische Staat wird zum größten Gesellschafter bei Opel. Das bedeutet?
Keine Ahnung! Vielleicht müssen sie jetzt Gasautos entwickeln oder die ganze Staatsknete geht nach Moskau statt nach Detroit. Da man sich nicht gern ins eigene Knie schießt, sind große russische Industriebeteiligungen in Zentraleuropa aktive Friedenspolitik. Man bombardiert nicht, was einem eh schon gehört. Das war vor 20 Jahren immerhin auch unvorstellbar.
Nach der Opel-Rettung gibt es in der großen Koalition Streit über staatliche Hilfen für Arcandor. Soll dieser Unterstützung bekommen?
Mal abwarten, ob es eine Rettung ist. Gegen den Einmarsch der Russen in die Karstadt -Filialen habe ich persönlich keine Einwände, nein. Udo Lindenbergs "In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm" fände im KaDeWe hübsche Bestätigung. Also sollen sie es auch an russische Investoren verhökern. - Die Gesetze, mit denen man Zauberflöten wie Wiedeking oder Middelhoff ihre astralen Gehälter abknöpft, für die sie die Läden in den Abgrund geritten haben, muss man jetzt machen, oder man wird sie vor der nächsten Revolution nicht mehr durchbekommen. Also: jetzt. Managerhaftung. Dringend.
Heute Opel, morgen vielleicht Arcandor - wen soll die Politik noch alles retten?
Könnte ne Sportart werden, Großpleiten so nah an der Wahl zu platzieren, dass sich die Frage gar nicht mehr stellt. Offenbar reicht der Staat das Geld zu günstig raus, sonst würden die Kaufleute ja schüchterner im Zugriff.
Bundesinnenminister Schäuble hat eine Nominierung von Friedrich Merz zum neuen deutschen EU-Kommissar nicht ausgeschlossen. Der sei "ein guter Vorschlag, keine Frage", sagte Schäuble. Wirklich?
Absolut. Nach dem Versuch der CDU bei der letzten Wahl, sich mit nur ein, zwei Merz-Spezial-Dragees umzubringen, gehört der Bursche sicher dort verwahrt, wo die deutsche Politik ihre Problembärchen entsorgt. FDPler Manfred Brunner wurde EU-Kabinettschef, bevor er mit Haider und Kappel rechtsextreme Grüppchen gründete. Wirtschaftsminister Bangemanns Wechsel vom Telefonie-Kommissar zum Vorstand der "Telefonica" gab Anlass, die Korruptionsregeln der EU zu verschärfen. Die Deutschen haben also einen blamablen Ruf zu verteidigen dort. So gesehen lässt Schäubles Einschätzung Merz an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
Karl-Heinz Kurras war Stasimitarbeiter. Muss die Geschichte der Linken umgeschrieben werden? Ja, die Nazi-Stammzellen haben sich in der DDR u. a. zu Blockwart und Stasi entfaltet, in der BRD zu Hetze und völkischen Zeitungen. Spätere Generationen werden die Ähnlichkeit in der Denke etwa der SED ("In der DDR konnten sich unsere Frauen nachts in den Park trauen") und der Springer-Blätter nüchterner erkennen. - Nach Quellenlage ist der Fall Kurras - dumme Waffendeppen konnten beide Systeme offenbar gut gebrauchen - allerdings untypisch; die Stasi erfuhr erst im Nachhinein von seinem Mord.
Die Generation 68, die RAF, der Deutsche Herbst - alles Ergebnisse des Schusses eines Stasispitzels?
Das ist nur der Anfang. Bild liegen Unterlagen vor, die zweifelsfrei beweisen, dass Adolf Hitler (IM Bart) und psssst …
Und was machen die Borussen?
Habe gerade festgestellt, dass es (wieder, wie beim 10. auch!) kein offizielles Ereignis für den Jahrestag des Pokalsieges gegen Bremen gibt! Dabei ist das der Beginn der Zeitrechnung "BVB der Neuzeit"! 24. 6., dieses Mal ein Mittwoch, also wer hat ne Kassette davon, opfert seinen Garten, seinen Flachbildschirm?!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour