Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Steinmeier spielt "The Return of the Schrödi-Ritter", die Hippies kommen wieder, und bei den Borussen ist noch einiges drin.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Nichts, sorry. Es gab diese halbe Stunde nach dem heißesten Tag des Jahres, an dem das frisch gemähte Getreide durch die Nase direkt an die Kindheitsschublade im Rückenmark packt und …hm. Sorry.
Was wird besser in dieser?
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Meist regnets dann bald wieder.
SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier will bis 2020 vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Wie soll das gehen?
Rechnerisch? Pro Jahr etwa 360.000. Vielleicht plant er, die SPD-Mitgliedschaft von freiwillig auf Festanstellung umzubauen, dann hat er schon mal zwei, drei Jahre im Sack. Die Nummer hat ja schon was von "The Return of the Schrödi-Ritter": Mit einem ähnlichen "Unter drei Millionen"-Klopper hat sich 98 Schröder blamiert, beim Zurückrudern half ihm damals ein aufstrebender, junger Mann namens Steinmeier. Die klassische Godesberg-SPD setzte in Krisen auf Wachstum, auf einen sich selbst reparierenden Kapitalismus. Steinmeier hebt jedoch auf qualitatives Wachstum ab, auf grüne Wirtschaft. Für so eine gute Idee muss man schon ordentlich dummes Zeug drum herumreden, damit sie keiner bemerkt.
Alle Parteien versprechen Wahlwunder. Das Absurdeste?
Es warf mich beinahe vor Freude vom Rad, als ich las "Gemeinsam für ein schönes Wetter - SPD". Und es tat meiner Freude keinen Abbruch, dass ich gerade zwischen Witten und Herdecke durch ebendieses Städtchen an der Ruhr fuhr, Wetter eben. Auf einem weiteren Plakat sieht man die schroffen Stumpen einer im Bau befindlichen Brücke ragen, die das Ruhrtal grausam verschandeln. Und den Claim "Wort gehalten, SPD". Das hat schon was von Bekennerschreiben."
Der Bundeswahlausschuss lässt Gabriele Pauli mit ihrer Partei genauso wenig zu wie "Die Partei" von Ex-Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn. Wäre mit ihnen der Wahlkampf ein wenig bunter?
Das - Weimarer - Problem der Zersplitterung politischen Willens haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes gelöst: Fünfprozenthürde. Also amteten die bisherigen Bundeswahlleiter großzügig - jedem das Grundrecht, sich nach Kräften zu blamieren. Dem neuen Bundeswahlleiter scheint diese Souveränität abzugehen, denn er lehnte reichlich Parteien ab, die bisher mitspielen durften. Nachdem die Pauli-Abstimmung gar entlang Parteilinien lief - SPD, Grüne, Linke dafür, die Konservativen dagegen - riechts nach eher schwarzer Korinthenkacke. Immerhin beweist es, dass die meisten Satire-Parteien bereits im Parlament sitzen.
Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber sitzt nun in Deutschland in Haft. Er gilt als Schlüsselfigur in der CDU-Parteispendenaffäre. Müssen sich jetzt einige in der Union fürchten?
Schreiber wollte, dass man das denkt, er hat oft genug dann doch folgenlose Drohungen ausgespien. Immerhin, ob er nun CDU-Schatzmeisterin Baumeister oder doch dem CDU-Vorsitzende Schäuble 100.000 Mark in bar gab, würde interessieren. Beide streiten darüber bis heute, beide scheiterten daran, und - mit der Antwort "Hey, es waren 100.000 für jeden" hätte Schreiber erklärt, wie Angela Merkel CDU-Chefin wurde. Jetzt kann er nur noch Kohl erpressen, mit dessen ehrlosem Ehrenwort und vielleicht einem Tipp, wer ihn eigentlich auf die Idee gebracht hat, Schäuble zu belasten.
Der frühere US-Präsident Bill Clinton reist in diplomatischer Mission nach Nordkorea. Ist dem Mann langweilig?
Meine Frau gibt mir auch meist noch einen Zettel mit, wenn ich Einkaufen gehe.
Manche Muslime empfinden das Schalke-Lied als Verhöhnung Mohammeds. Warum?
Ich halte da religiös verbrämte Differenzierungen für ganz unzeitgemäß. Schalke an sich ist eine Verhöhnung rechtgläubiger Menschen. Willkommen in Dortmund, Brüder.
Am 15. August vor 40 Jahren war das legendäre Hippie-Festival Woodstock. Was wäre das ideale Musikfest für die Generation heute?
Mein Sohn hat Woodstock- und Monterrey-T-Shirts, vielleicht weil die mir ältlich erscheinende Hippie-Ästhetik in seiner Generation schon wieder von hinten kommt. Keine Ahnung! Und das ist mein gutes Recht in meinem Alter.
Werden die Bayern in der neuen Saison endlich wieder Meister?
Seit MetaFranz dekretierte "Dem Ribéry ist der FC Bayern wurscht" fühle ich erstaunt eine gewisse Nähe. Zu Ribéry. Also - der Spieler, um den herum van Gaal eine Mannschaft aufbauen müsste, ist unsicher. Da bräuchte man ersatzhalber eine Festung woanders, einen Oli Kahn im Tor. Die andere Leerstelle der Bayern. Die sind noch lange nicht Meister.
Und was machen die Borussen?
Einmal im Jahr wird diese Frage nicht von mir beantwortet, sondern kompetent. Und zwar vom Orakel aus der Grisarstraße, Jupp Schmiedeskamp: "Ich bin schon zufrieden, wenn es wieder so auskommt wie in der vorigen Saison. Mit Glück international. Allerdings: Eine Sensation ist mit der Mannschaft immer drin."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!