piwik no script img

Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Hartmut Mehdorn ist ein knuffiger Toupetständer und Günter Wallraff noch ganz bei Sinnen.

Interview von

taz: Herr Küppersbusch, was war gut in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Deutscher Fernsehpreis überwiegend heiter.

Was wird schlecht in der nächsten?

Bild: taz
Im Interview: 

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.

Ich überwiegend heiser.

Am Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof über eine Wettbewerbsklage der "Bild"-Zeitung gegen die taz. In Werbespots sei "Bild" als ungepflegt und unfähig abqualifiziert worden, finden die Kläger der Springer-Postille. Wirklich?

Im ersten Spot verlangt ein typischer Ballonseide-Brummkopp am Kiosk seine Bild und reagiert verstört auf die stattdessen offerierte taz. Im zweiten schockt er den Budenboss, indem er direkt die taz verlangt. Die Vorinstanzen urteilten "Der Kunde der Klägerin (i.e. Springer) werde als nicht sehr gepflegter Mensch aus einfachsten sozialen Verhältnissen charakterisiert, der mit rudimentären Sprachfetzen auf unterstem Ausdrucksniveau kommuniziere." Okay, bis hierhin wäre es also ein Dokumentarfilm. Oder sie können Atze Schröder gleich mitverhaften. Mich freut der nachhaltige Effekt, mit dem der Spot Jahre nach seinem Start noch mal Aufmerksamkeit für die taz macht.

Ebenfalls am Donnerstag wird in China der 60. Gründungstag der Volksrepublik zelebriert. Haben die überhaupt einen Grund zu feiern?

In einem Jahrhundert vom mittelalterlichen Gottkaisertum zum gefühlten Talentschuppen der Menschheit ist so übel nicht. Wagt man den ruppigen Vergleich zwischen der selbst gesteuerten Entwicklung Chinas und der fremdgesteuerten Afrikas, müsste China noch viele Menschenrechte verletzten und Bürger verhungern zu lassen, um so scheiße agiert zu haben wie wir in Afrika. Unsere Ideen über die weltweite Gültigkeit unserer Standards sind nette Versuche. Die Lehre der deutschen Geschichte: "zu spät zu schnell ergibt zu schlimm" lädt zu freundschaftlicher Beharrlichkeit gegenüber China ein. Nicht zu Besserwisserei.

Die Piratenpartei fordert einen Internet-Minister. Brauchen wird den?

So genialisch und zukunftsweisend die Umbenennung des Landwirtschaftsministeriums unter Künast war - so wenig brauche ich einen als www.minister.de geschönten Überwachungsonkel. Länder, die Zeitungs-Minister hatten, waren mir bisher auch durchgehend suspekt.

Brauchen wir eigentlich die Piratenpartei?

Ich habe beim "Wahlomat" mal alle Fragen gezielt "grün" beantwortet und bekam als Ergebnis, klarer "Piraten"-Wähler zu sein. Mit "links" klappt das Gleiche auch. Die Partei selbst räumt ein, ihr Programm dem digitalen Zeitgeist angemessen "gesampelt" zu haben. Auch mangels Masse. Also so zusammengeklaut, wie sie eben auch uns Angehörige der urhebenden Berufe enteignen will. Gleichwohl ist die Partei als Symptom äußerst wertvoll: Protestpotenzial, das Grüne, Linke, SPD vollkommen unterschätzt und weggeschmissen haben. Die taz entstand aus sozialen Bewegungen, die sich, vom Establishment ausgegrenzt, ihr eigenes Medium schufen. Es ist hart, es ist gnadenlos, und es musste so kommen: Das sind unsere Kinder.

Der Journalist Günter Wallraff ist in die Rolle eines somalischen Flüchtlings geschlüpft. Schräger gehts nicht mehr?

Dass Wallraff sich nicht an den Menschenrechtsverletzungen wertgeminderter Aktienpakete abarbeitet, sondern noch halbwegs alle stramm hat und ein relevantes Thema bearbeitet, mag man heute schon schräg finden.

Der frühere Bahn-Chef Hartmut Mehdorn fängt bei der Investmentbank Morgan Stanley als Berater an. Er soll die Bank vor allem bei Projekten in der Transportbranche unterstützen. Gute Idee?

Ich denke, der knuffige Toupetständer war schon immer so ne Art Horst Schlämmer des Transportwesens und nur zu Spionagezwecken bei der Bahn. Da er offenkundig das Unternehmen nur ausgekundschaftet hat für seine Sponsoren AirBerlin und Morgan Stanley, sollte er seine Bahnbezüge zurückzahlen.

Die 20 führenden Wirtschaftsmächte haben sich auf eine Begrenzung der Boni für Bankmanager geeinigt. Jedes Land soll eigene Regeln für die Entlohnung aufstellen. Sinnvoll?

Nein, erst wenn die Boni und Prämien rückholbar würden, entwickelten sie Lenkungswirkung: Auch ein sacht, regional unterschiedlich gedeckelter Bonus kann noch stets eine Belohnung für Jobabbau und Firmenverschleudern sein. Boni rückzahlbar machen und nur in Aktien des betreffenden Unternehmens auszahlen: Das könnte die Jungs auf die Idee bringen, ihrer Firma zu nutzen, statt sie zu zerlegen.

Und was machen die Borussen?

Eine Truppe von Comedians in BVB-Trikots hat die komplette Schalker Mannschaft und, na ja, 80.000 Fans reingelegt - köstlich. Nächste Woche spielen wir dann wirklich gegen Schalke, ich gehe von einem hohen Sieg aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • D
    denninger

    Tja, dass der Günter Wallraff "noch halbwegs alle stramm hat und ein relevantes Thema bearbeitet" war wohl nicht auf seine Thesen zur Bedeutung der "18" in der damaligen "18-Kampagne" der FDP bezogen.

    Aber da der gute "GW" offenbar zum Kabbalisten wurde müssen wir und doch auf einiges gefasst machen:

     

    Das Wahl- bzw. Volljährigkeitsalter von 18 ("A.H." ist doch böse) muss auf 22 ("B.B.": Berthold Brecht, Brigitte Bardot oder Bundesberti") oder noch besser 113 ("A.M.": us' Angela) aber nicht auf 77 (da gewinnt dann die Linke) Jahre erhöht werden.

    Und wer sollte die BRD (2 18 4: QS:15: "A.E.") regieren? Etwa Anke Engelke?

    Und Sie, Herr Küppersbusch mit Ihren 13 (ü=ue) Buchstaben sind kein "Alter Chauvinist" (mais pas du tout) sondern ein brasilianischer Bundesstaat (eher nicht) oder Fan einer deutschen Rapgruppe und einer amerikanischen Grindcoreband (glaub' ich jetzt auch nicht ganz).

    Und ist der GW mit seinen 15 Buchstaben (="A.E.") dann ein unerwünschtes Ereignis?

    WOW, da kommt man ja so richtig ins Kabbala!

    Demnächst mehr von mir zum Thema:

    Wer ist O.L. wirklich?

    Warum die taz an die US-Ostküste oder nach Schwerin umziehen muss.

    Warum ich eigentlich der deutsch Kaiser bin.

     

    Herzlicht Ihr

     

    P. Denninger,

    sich der Gütesicherung für Kompost und Gärprodukte in Deutschland widmend

  • S
    SunshineReggae

    also, die manager könnten das unternehmen nicht

    zerlegen? ganz auf ihrer seite hr. küppersbusch. aber managererfolgsprämie mit mitarbeiterprämie ist diskutabel. und die schalker sollen mal einen witz zurück machen, ich hoffe die dortmunder haben humor...was ja nur zu oft immer nie der fall war!

  • O
    otto

    Länder, die Zeitungs-Minister hatten, waren mir bisher auch durchgehend suspekt.

     

    Warum ist das nicht bei Ländern mit

    Religionsministerium auch so?

  • V
    vic

    @ Patrick Springer

     

    Jedenfalls weitaus unterhaltsamer als dein Erguss.

  • P
    Peter

    "Das sind unsere Kinder."

     

    Danke, Herr Küppersbusch - das bringt es,

    wie gewohnt treffsicher, auf den Punkt!

  • PS
    Patrick Springer

    In wallend-schwallender Rede sich auszudrücken steht gut nicht Jedem Herr Küppersbusch.

    Auch putzige Knuffel-Fragen journalistischer Art

    überzeugen den gebildeten Bürger wenig, sich des

    Artikels bis zum bitteren Ende zu widmen.

    Tut man dies indes so hat man eine wunderbare

    Grundlage, sowohl "Interviewer" als auch "Interviewten" gepflegt "haten" zu lernen.

    Fragen, gänzlich ohne Belang und Antworten die

    an einen grünen doch weitestgehend unpolitischen

    Zwerg aus einer weit enfernten Galaxis erinnern,

    sind auch in der Bild zu lesen, und Diese bringt den gleichen Informationsgehalt wie dieser Artikel

    auf.

    Danke!?