Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Das Steuerpaket ist ein Geschenk an Gutverdienende und die Welt ist kaum noch zu retten, meint Friedrich Küppersbusch.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Kunduz-Kriegsverbrechen, Steuerflop, Klimatiefpunkt und Opel ins off - nee, läuft gut. Ist das ne rhetorische Frage?
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Was wird besser in dieser?
Joachim Krol wird Tatort-Kommissar. In Frankfurt! Damit ist der Transfer von Andy Möller damals endgültig völlig überbezahlt.
Der Klimagipfel in Kopenhagen ist endlich vorbei. Zufrieden mit den Ergebnissen?
"Wir haben nichts dagegen, dass dreißig Staaten sich ein paar flotte Ziele aufgeschrieben haben, geht uns restliche 160 ja eigentlich auch nix an" - Kracher. Und jeder Tag ohne manifeste Katastrophe wird den Klimatiefstpunkt-Teilnehmern zum Beweis taugen, dass es ja alles nicht so dramatisch sei. Ich habe auch keine Ahnung, wann das hier spielerisch in einen Emmerich-Film umschlägt. Vertraue allerdings eher auf Habsucht denn Selbstbescheidung: "Wie, mit welchen Technologien und Konzepten, kann man sich am Klimaschutz dumm und dreist verdienen ?" Das scheint mir dem menschlichen Naturell näher, na jedenfalls meinem. Und Adenauers : "Man soll sisch keine besseren Menschen wünschen. Et jibt nur die." Für Obama und Merkel die bad news: Es genügt nicht, sich fromm und die anderen alt aussehen zu lassen.
Kopenhagen = "Flopenhagen"?
Als wir im Schweden-Urlaub, von der grandiosen Öresundbrücke kommend, die dänische Hauptstadt durch ihre hässlichen Industriereviere ansteuerten, einigten meine Tochter und ich uns schnell: "Kopen heißt völlig zu recht mit Nachnamen Hagen." Später erhellte sich uns: Aha, Kaufmanns-Hafen, soso! Und in der Tat hätte Merkel, hätte Obama, hätte irgend ein Zauberer solche Mengen Dukaten kotzen müssen, dass man den Rest der Welt zur Vernunft schicht hätte heuern können. OK, vielleicht ist die Welt mit diesen Leuten und so nicht zu retten. Wenn schert es heute noch, ob es beim Turmbau zu Babel einen entgleisten Architektenball gegeben hat.
Am Freitag wurde das Steuerpaket der Bundesregierung verabschiedet. Ein Weihnachtsgeschenk?
Ja, für kinderreiche Unternehmer, die ein steuerminderndes Hotel im Ausland geerbt haben. Das ist sicher die große Mehrheit der Deutschen. Vielleicht doch gleich Steuersteigenbergergesetz nennen. Die Unionsfürsten habe Sparsamkeit und Krisenmanagement gepredigt und nicken jetzt Geschenke und Lobbybespaßung ab. 15 Prozent FDP müssen ja für irgendwas schlecht sein.
Die Regierung in Athen hat den Euro-Beitritt durch eine verfälschte Defizitstatistik erschwindelt; seither haben sich die Statistikfehler fortgesetzt. Also knallhart: Griechen raus aus der EU?
Nein, beim Gyroskauf massive Rabatte verhandeln. Wir machen das als bürgerschaftliches Engagement.
Föderalismus, Verlogenheit und statistische Tricks: Während Studenten immer schneller werden müssen, trödeln Merkel und Co. von einem Gipfel zum anderen. War der Bildungsgipfel eine Farce?
Unser Sohn macht im nächsten Jahr Abi, na ja bestimmt, hoffentlich! Und will so ausdrücklich dann erst mal nicht studieren wie seine Eltern 30 Jahre früher dringlich doch. Er sagt: Nach 12 oder 13 Jahre Schule, also entmündigendem und getaktetem Wissenfressen, sei es auch erst mal gut. Ich habe ein Riesenproblem mit seiner Argumentation: ich kann sie gut nachvollziehen. Ist das so ne Art Abschreckung durch Verkinderung? In der Volontärsauswahl und später bei jungen Redakteuren begegnen mir dann Leute, die tolle Titel haben und nix gelebt. Ich hätte mein Studium auch lieber in sechsSemestern beenden können als in zehn Semestern nicht. Aber eben ein Studium und keinen full time Crash Kurs.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans hat während ihres Studiums Zigaretten gepafft. Sie betont aber, niemals auf Lunge geraucht zu haben. Und jetzt?
Ich habe während meines Rauchens studiert und davon auch nicht allzu viel auf Lunge. Unentschieden.
Die Zusammenarbeit mit Bundestrainer Joachim Löw wurde bis 2012 verlängert. Werden wir jetzt Weltmeister?
Nein. Wir hatten 06 Mr.Strohfeuer Klinsmann dabei und Heim-Euphorie und eine Mannschaft, die von Lehmann bis Ballack gut durchwachsen jung und sehr jung aufbot. So wurden wir Dritter. Ohne diese drei Faktoren wäre noch mal Dritter schon sehr toll.
Und was machen die Borussen?
Es waren minus neun Grad als ich am Stadion vorbeifuhr und mir selbst nicht richtig glauben wollte, dass da gerade über 80.000 Leute den Ball über steifgefrorenen Rasen hoppeln gucken. Stapften mit fünf Jacken und Trikots übereinander wie schwarzgelbe Michelin-Männchen von der Straßenbahn Richtung Strobelallee. 1 zu 0 gegen Freiburg, Platz 5, bei uns kommt ja Heiligabend nach Weihnachten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind