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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Sigmar Gabriel ist eine dicke Überraschung, und das ZDF holt sich mit Pakistan eine Quotenstrafe

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt. Bild: taz

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Krise! Keine frechen Lohnforderungen jetzt!

Was wird besser in dieser?

Bild: taz
Im Interview: 

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.

Konjunktur! Jetzt bloß keine frechen Lohnforderungen!

Im kommenden Jahr gibt es wieder eine Volkszählung in Deutschland. Müssen wir uns davor fürchten?

Schulstreit in Hamburg, Bahnhof in Stuttgart, Flughafen und Religionsunterricht in Berlin, Rauchen in Bayern: Die Leute wehren sich außerhalb der geschmähten Parteien. In den 80ern war Volkszählung dafür ein typisches Thema, heute scheint räumliche Nähe ein wichtigerer Faktor.

Schwerkriminelle sollen nach Ende ihrer Strafhaft künftig dann in geschlossenen Anstalten untergebracht werden können, wenn Gutachter ihnen psychische Störungen attestieren. Birgt das nicht Raum für Willkür?

Es ist nicht rechtsstaatlich. "Nulla poena sine lege" - keine Strafe ohne Gesetz - ist unauflösliches Fundament allen Rechts. Also etwa auch: Keine Haft ohne Urteil. Genau das wirft der Europäische Menschenrechtsgerichtshof den Deutschen vor: Hier vergammeln "Altfälle" in willkürlicher Haft, weil man zu Zeiten ihrer Verurteilung die "Sicherheitsverwahrung" nicht kannte. Haft ohne Urteil ist prototypisches Merkmal eines Unrechtsstaates. Täter mit schweren, nicht hinreichend therapierbaren Persönlichkeitsstörungen sind mit einer Fußfessel - FDP-Vorschlag - leichter zu finden: nach dem nächsten Verbrechen vielleicht. Nahtloser Polizeischutz wie beim Bundespräsidenten sei aber unfinanzierbar, sagen CDUler. Mich irritiert, dass letzte Woche von 200 bis 300, diese Woche nur noch von 60 bis 80 Fällen die Rede war. - Eine vorzügliche Gelegenheit für PolitikerInnen, zu sagen: Ein Dilemma! Wir haben keine Lösung !

Sigmar Gabriel will den SPD-Kanzlerkandidaten per Vorwahl bestimmen. Wem nützt dieser Vorschlag?

Sigmar Gabriel. Erstens gilt er rhetorisch als dicke Überraschung, er kann Populismus. Und zweitens: In der Sekunde, in der Steinmeier ne Auszeit nimmt und auf mediale politische Präsenz verzichtet, haut Gabriel seine Schönheitskonkurrenz raus. Sozialschwärmerei kann man ihm auch nicht vorwerfen.

Verteidigungsminister zu Guttenberg will die allgemeine Wehrpflicht kippen. Richtig so?

Na, er weiß ja die Grünen als nützliche Idioten an seiner Seite. Die sind schon lange gegen Bürger in Uniform: Wenn wir nicht Soldaten werden müssen, gibt es weniger Krieg. Wenn Kinder sich die Augen zuhalten, denken sie, es wäre dunkel. Guttenberg will schlicht Wehrdienst geiler machen: "Keine Gammelzeit, sondern: … Erwerb des Führerscheins, ordentliche Bezahlung, Anrechnung auf Rentenversicherung, Optionen auf Studienplätze und vieles mehr", verheißt er. Was wäre das für ein Land, in dem ein ziviler Dienst mit solchen Anreizen beworben und belohnt würde. Es wäre unseres ohne durchschlafende Fischergrüne. Die Wehrpflichtarmee hat jahrzehntelang getan, was sie sollte : Kriegführung erschweren. Nun bekommt Guttenberg seine Profikiller. Nach dem Asylrecht fällt eine zweite Säule aus der Abt. "Aus Weimar gelernt".

Die Debatte über Thilo Sarrazin weitet sich aus. Nun fordert ein CDU-Politiker, dass die Bundesbank Konsequenzen zieht und ihn rauswirft. Was wünschen Sie Sarrazin?

"Sarazenen" ist ein Schmähwort, eine angstgeprägte Sammelbezeichnung für muslimische Völker, die ab ca. 700 n. Chr. in und über das Mittelmeer vordrangen. Sagt das etymologische Lexikon. Nun zu unserer Publikumsfrage: In welcher Sprache heißt "Thilo" "paranoides Arschloch"?

Nun hat das ZDF doch noch eine Spendengala für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan veranstaltet. Warum so spät?

Viele Kommentatoren fanden es notwendig, kritisch anzuprangern, man habe da für Haiti und sonst was gesammelt, nicht jedoch für Pakistan. Die Beiträge erscheinen im Spiegel, der mit dem brandaktuellen Charity-Kracher "Hitler und Churchill" aufmachte, oder im Stern mit dem heiter-besinnlichen Thema "Vergewaltigung" vornedrauf. Das ZDF macht was, holt sich vermutlich ne Quotenstrafe, und das ist mehr, als seine Kritiker hinbekommen.

Und was machen die Borussen?

Trainer Jürgen Klopp macht Werbung für "Fair trade", damit ist der Ordnungsruf wegen Mitsubishi-Lobens gestrichen. Zumal er nun Seat lobpreist. FRAGEN: CIGDEM AKYOL

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