Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Steinmeier ist mit einer Niere beliebter, und das tollwütige Tischfeuerwerk Thilo lenkt zur Freude der CDU vom Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg ab.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Zwei Stunden von Eving bis Barop, Negativrekord für eine Dortmund-Durchquerung mit dem Auto.
Was wird besser in dieser?
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Karlsruher Richter können das Nazipack gern zu sich nach Hause einladen, wir würden dann mal verzichten.
Minister Brüderle stellt sich in der Atomfrage gegen Minister Röttgen. Der wiederum zieht über Minister Westerwelle her. Im Kern gespalten?
Hätte man Adenauer als Friedensfürsten gehuldigt, wenn er - gegen den Kapitulationsvertrag - noch mal acht Jahre Krieg drangehängt hätte? Röttgen will, gegen das Ausstiegsgesetz, mindestens acht Jahre weiterstrahlen und dafür Umweltengel werden. Da nutzt das Konzert der Enthemmten aus FDP, Union und Stromkonzernen: Wo immer er da den Arschgeigerzähler dranhält - es piepst zuverlässig. Zudem will Röttgen in NRW, wo man Atomkraft auch nicht mag, eine Mitgliederbefragung gewinnen. Und er kann von seiner Chefin lernen, dass ein weitgehend unbegründetes grünes Image kein Karrierehindernis ist. Mag sein, dass Rot-Grün sich am Pöbeln der Koalition delektiert, am Ende wird trotzdem der Ausstieg aus dem Ausstieg stehen. Und den bekämpft man mit Mobilisierung, die möglich wäre. Dass diese Woche alle über das tollwütige Tischfeuerwerk Thilo reden und keiner über Atomkraft, ist doch ein schöner Erfolg für die Regierung. Die Freude am total unmöglichen Pöbelhaus Umweltministerium hat dagegen nur geringe Halbwertzeit.
Röttgen gegen Kauder, Mappus gegen McAllister und mittendrin die Kanzlerin. Warum bekämpfen sich die Mächtigen in der Union beim Atomausstieg so heftig?
Niedersachse McAllister kriegt den Müll in den Garten. Und bei Röttgen muss man nicht mal ausschließen, dass der berufliche Umgang mit Kompetenz ihn sacht mit Vernunft kontaminiert hat. Angenommen, die jüngeren, auch der Natur gegenüber Konservativen waren ganz einverstanden, dass Rot-Grün ihnen die Drecksarbeit abgenommen hat: "Die machen den Ausstieg, den wir auch wollen - und kriegen dafür die Dresche, die wir ihnen gönnen": Dann platzt gerade der Putz aus den Fugen der Union. "Wir? Öko? Das war doch nur Spaß!" Und richtig, sie müssen nun auf Rot-Grün im Bundesrat hoffen und auf den Bundespräsidenten, der den Quatsch unterschreiben müsste.
20 Jahre nach der Einheit kritisiert Matthias Platzeck die "Anschlusshaltung" der Westdeutschen. Die FDP hält dies für Jammerei. Wer hat recht?
Die FDP war Tatbeteiligte, die DDR 1990 über Artikel 23 - "Beitritt" - anzuschließen. Und nicht über Artikel 146 - "gemeinsam beschlossene Verfassung" -, die haben wir bis heute nicht. De jure war es ein Anschluss, und der zuständige Justizminister hieß Klaus Kinkel, FDP. Platzecks Klage über die "gnadenlose Deindustrialisierung Ostdeutschlands" ist eine überzogene Formulierung für "lange nicht in Gelsenkirchen gewesen", wo er sich die gnadenlose Deindustrialisierung des Westens angucken kann.
Wer gut schießen kann, trifft auch für die Deutsche Bank ins Schwarze: Das Frankfurter Finanzinstitut will unter Veteranen der US-Armee neue Mitarbeiter rekrutieren. Sieht so moderne Personalpolitik aus?
Was ist daran modern? Wo wäre die Deutsche Bank gewesen ohne die Veteranen der Wehrmacht?
Die Regierung hat ein Sparpaket beschlossen: Ist es ausgewogen oder ungerecht?
Da die CSU rumnörgelt, muss es irgendwas Gutes haben. Ja, hier … die Subventionen für energieverbrauchende Industrien sollen schwinden, und Flugverkehr soll verteuert werden. Historisch bemerkenswert daran wird jedoch sein, dass für Kleingeld die Wehrpflicht verscherbelt wird bei der Gelegenheit.
Frank-Walter Steinmeier, sonst mit dem Glamourfaktor null gesegnet, hat mit der Spende einer Niere für seine Frau Aufsehen erregt: als Ehemann und als Mensch. Warum eigentlich?
Der ARD-Deutschlandtrend und Bild feiern, Steinmeier sei mit einer Niere deutlich beliebter als mit zwei Nieren. Nein, Herr Gabriel, bitte ziehen Sie sich sofort wieder an. Ähnliche Quellen hauen auch raus, jeder Fünfte würde Sarrazin wählen. Und der hat die Hirnspende schon hinter sich.
Und wie geht es den Borussen? Einsam, wenns nach den Fanclubs geht: Die drastische Verteuerung der Derby-Tickets am 19. 9. auf Schalke führt zu einer Kraftprobe: "Kein Zwanni für n Steher" trotzen die Fanclubs und organisieren Boykott und, alternativ, Public Viewings. Der BVB nimmt immerhin bereits gekaufte Karten zurück und riskiert keinen Konflikt mit der Bevölkerung. FRAGEN: CIGDEM AKYOL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn