Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Verteidigungsminister zu Guttenberg glaubt seinen eigenen Quatsch, und Wikipedia sozialisiert das Wissen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Ihre empörende Kürze.
Was wird besser in dieser?
Freude auf den nächsten Urlaub.
Die CSU widersteht bei ihrer Klausur in Kreuth der Versuchung, Parteichef Horst Seehofer zu demontieren. Warum eigentlich?
Das Medienprodukt zu Guttenberg hat eine weiche Stelle: der glaubt den Quatsch, den er über sich verbreitet. Kerner wird nicht mitfliegen zum Trachtenfest in Tirschenreuth. Und Seehofer kennt die Mühle, in der man zum Superhorst aufsteigt und jäh als rammelnder Rebell bruchlandet. Die Fantasie, der Baron werde auch noch Kanzler und der bejubelte Zerstoiber von gestern müsse weg, ist das aktuelle Maximum, was zu Guttenberg erreichen kann. Danach käme die Strafe: München.
Im Skandal um Dioxin-Eier haben die Kontrollen versagt. Muss ein neues System her?
Gibts. Die Futtermittelindustrie hat sich unter dem Schock des BSE-Skandals ein Qualitätssicherungsverfahren auferlegt. Damals zielte das gegen Tiermehl, nun führte es immerhin zur Selbstanzeige des verantwortlichen Herstellers. Vor den Ergebnissen staatsanwaltlicher Untersuchungen läst sich nur sagen: 1. die Rückfirmierung Aigners zur "Landwirtschaftsministerin" ist ein teurer Knicks vor Usama bin Loden und seiner Bauernlobby, die jetzt schon nach Staatskohle ruft. Und 2. Industrieabfälle im Hühnerfutter sind auch nicht lustiger, wenn Dioxin nicht mehr mitmachen darf. Die Positivliste "Was darf ins Futter" ist 68 Seiten lang.
Essen Sie noch Eier?
Ich hoffe doch.
Wikipedia feiert am Samstag sein zehnjähriges Bestehen. Hat die Internetplattform die Welt verändert?
2006 gab es Meyers Lexikon plötzlich kostenlos im Netz. Titel wie Langenscheidt, Duden, Harenberg, Weingarten, das Bibliographische Institut Brockhaus wurden inzwischen hin und her verramscht. Der Name "Brockhaus" gehört jetzt einer Bertelsmann-Tochter und der Rest altenteilt beim Schulbuchverlag Cornelsen. Ja, das markiert das Ende einer Jahrhunderte übergreifenden Epoche. War das herkömmliche Lexikon die Öffnung des Wissens weniger für viele, ist Wiki der nächste Schritt: ein Teil der Fertigung von Wissen wird von wenigen vielen ermöglicht. Das stakt vor Fehlern und der Absender, eben noch eine haftbar zu machende Redaktion, ist nun ein diffuser User. Trotzdem: "Schwarm-Intelligenz" kommt von Schwärmen, und ich schwärme mit: Wikipedia kann man lesen als den guten Versuch, den letzten Rohstoff der Menschheit, das Wissen, zu sozialisieren.
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Der angeschlagene FDP-Chef Guido Westerwelle hat ein positives Fazit nach seiner Rede beim Dreikönigstreffen gezogen. Er sei erleichtert, sagte Westerwelle. Warum hält die FDP an ihrem Vorsitzenden fest?
Nach Schröder war von der SPD noch die Hälfte übrig, und die FDP weiß, was die Hälfte von 5 Prozent ist.
In ihren Gedanken zu Kommunismus und Demokratie beruft sich die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch auf Rosa Luxemburg. Doch die war erklärte Antiparlamentarierin. Was genau will Lötzsch uns eigentlich damit sagen?
Dass ausgerechnet die Partei der Gleichheit und des Kollektivs von zwei, drei singulären Persönlichkeiten wie Gysi, Biski, Lafontaine abhängt. Lötzsch und Ernst sind bisher der Beweis, dass das Kollektiv hinter der Führung brutal abfällt, eine erschütternde Nachricht ausgerechnet von dieser Partei. Lötzsch sucht den Trampelpfad zum Sozialismus und tritt auf dem Weg zu wenigen hundert Desperados vielen Hunderttausenden Linken vor die Knochen. Ernst besteht wesentlich aus zähem Ringen um seinen Amtserhalt. Einen schiefgegangenen Gewerkschafts-Dandy gleicht man mit ein bisschen SED-Folklore nicht aus. Wenn dies Lötzschens Kalkül war, hat das aus einem Problem zweie gemacht. Plan übererfüllt.
Wer trägt die Warmwasser-Kosten für die Haushalte von Langzeitarbeitslosen? Im aufwendig neu berechneten Hartz-IV-Regelsatz fehlt der Betrag. Man fragt sich, ob das Arbeitsministerium ihn einfach nur vergessen hat oder ob der Posten absichtlich fehlt, um die Last den Kommunen aufzubürden.
Weder noch, das ist Gestenpolitik für die "denen steckt man es doch vorne und hinten rein"- Fraktion. Man muss Ursula von der Leyen nicht den Gefallen tun, sie für gutmütig und doof zu halten, ich vermute, sie ist beides nicht.
Und was machen die Borussen?
Hummels zu Bayern? Hat Kagawa ein Angebot von ManU? Wieso empfiehlt Bundestrainer Löw Jürgen Klopp als möglichen Nachfolger? Nach dieser Saison kann das Wunder Dortmund in viele Teile zerplatzen. Oder nicht, was auch ein schönes Wunder wäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde