Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Guido Westerwelle hat ausnahmsweise was richtig gemacht - und steht nicht dazu.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Der Hochsommer, den ich aus dem Kellerfenster geschöpft habe.
Was wird besser in dieser?
Wulff, Kohl, Lammert, Oettinger - in der Union ist mal was los!
Das Zwischenlager für Castorbehälter in Gorleben strahlt zu stark. Ein Lösungsvorschlag: die Behälter einfach in größerer Entfernung zur Messstation lagern. Spinnen die?
Nach der Logik könnte man auch die deutsche Bevölkerung umsiedeln, wenns hier zu versaften beginnt. "Uns fehlt der Strahlungsraum im Osten", das setzt ja auch auf Tradition auf. Hütchenspieler werden der organisierten Kriminalität zugerechnet, die Gorleben-Betreiber Eon, Vattenfall und RWE erzielen also mal wieder einen schönen Vollausschlag auf dem Arschgeigerzähler. Wobei der Rochade-Vorschlag mit dem Absender "Niedersächsisches Umweltministerium" versehen wurde. Die wissen auch, dass weitere Transporte anstehen und dann der eben noch tolerable Messwert überschritten werden dürfte.
Helmut Kohl sagt, der Bundesregierung fehle ein "Kompass" in der Außenpolitik. Seine Rache an Angela Merkel?
Das große Deuten um den großen Deutschen ist beendet, Kohl meinte nicht Merkel, Schröder, Westerwelle oder sonst wen. Kohl bleibt Kohl und meint immer: sich, Kohl. Bild kapiert das instinktsicher und holt sich eine Séance zum Themenkreis "Große Politik", wo er bescheidet: "Ein Politiker, der uns in der Gegenwart groß erscheint, muss in die Geschichte nicht zwingend als großer eingehen, und umgekehrt." Kohl ist damals ein Europa der Münzen gelungen - kein Europa der Menschen. Dafür mag es zu früh gewesen sein. Groß und mindestens noch unbekannt wird man die Politiker finden, die das Ding ohne Implosion zur Blüte bringen.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Das US-Magazin Forbes hat Merkel erneut zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. Ist ihr Einfluss echt so groß?
Das kann auch Dämonisierung sein. Das "Heilige Europäische Reich deutscher Fasson" scheint ja die aktuelle Paranoia vieler zu sein, die Angst vor der ungezügelten Wirtschaftsmacht Deutschlands haben. Präziser: der ungezügelten Wirtschaftsmacht über Deutschland. Merkel badet aus, dass Europa keine Sozialordnung, keine humanistische Verfassung, keine Verfassungspatrioten hat. Oder sagen wir mal: Kohls Erbe.
Kann ein Neuanfang in Libyen klappen, solange Muammar al-Gaddafi nicht gefasst ist?
Gute Frage. Noch eine: Warum google ich mir einen Wolf und finde keine belastbaren Opferzahlen, während Welt und Spiegel und Hinz und Kunz lieber bejammern, dass die Ohnemicheldeutschen jetzt beim Beuteteilen hinten stehen? NGOs sprechen von hunderten Toten täglich und von Folter- und Hinrichtungsopfern auf beiden Seiten. Ärzte ohne Grenzen mahnt medizinische Hilfen an und Asyl für Flüchtlinge und Behandlungsbedürftige. Die Nato rühmt sich ihrer 20.000 Lufteinsätze, und die breite Front der deutschen Presse kritisiert Westerwelle, der aus Versehen einmal was richtig gemacht hat. Und jetzt nicht dazu steht. Europäische Friedenspolitik hätte von vornherein auch Frage Nummer drei gestellt: Kann der Neuanfang klappen, wenn Gaddafi gefasst ist?
Apple-Gründer Steve Jobs hat seinen Posten als Konzernchef abgegeben. Wie geht es weiter mit Apple?
Keine Ahnung, doch: Jobs ist der Typ, der sich mit seiner Firma verkracht, bescheuerte Ideen auftischt und seine Inspiration vor den Controllern beschützt. Das könnte viele Unternehmen bei der Personalauswahl zum Umdenken einladen.
China rüstet massiv auf. Den USA gefällt das nicht. Wieso?
"Massiv aufrüsten" heißt im Pentagon-Sprech, dass China nun vergleichsweise simple Technologien wie Seeraketen besitzt, die US-Flugzeugträger von Taiwan weghalten können. Man könnte auch umgekehrt vom Ende eines Ungleichgewichts sprechen.
Wenn der Netzgemeinde etwas nicht passt, legt sie die Websites ihrer Widersacher lahm. In der letzten Woche ging es RTL an den Kragen. Heißt Meinungsfreiheit jetzt Cyberkrieg?
Mit Verlaub: Die Rache vieler Netzuser für einen "Explosiv" -Beitrag, in dem die Gamescom als Vollversammlung ungewaschener Komplexbubis veralbert wurde, hat viel Humor und Fantasie. Und atmet den Geist, aus dem unzufriedene Leser die taz gegründet haben.
Und was machen die Borussen?
Seltsamer Platzverweis gegen Götze, ein Hummels-Treffer nicht gegeben und der Torwart mit der besten Bilanz nicht zur Nationalelf eingeladen : Die Liga tut alles, uns dieses geliebte Underdog-Gefühl zu lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld