Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Was haben Tunesien und Bayern gemeinsam? Und warum sollten wir auf das Wohlwollen der Chinesen hoffen?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bayern München auf 1. Ich kann es nicht mehr sehen.
Was wird besser in dieser?
Der DGB sucht für einen Musterprozess eine Supermarktkassiererin, die sich beim Flaschenpfand um 55 Milliarden Euro verrechnet hat. Man erwartet Freispruch.
Jetzt ist beschlossen, wie Griechenland gerettet werden soll. Spielen unsere Urenkel eines Tages Schnitt, Schirm und Hebel statt Schere, Stein, Papier ?
Schäuble und Merkel haben das Staatsderivat erfunden: Private Investoren sollen künftig darauf pokern, dass die EU nicht blechen muss. Vulgo: Die einen zocken gegen, die anderen für den Euro. Damit hätte man die Zocker erst mal beschäftigt, und wenn es nicht klappt, kann man den Spaß immer noch als Außenwette an "Wetten, dass" verkaufen. Für D-Mark-Fans könnte man den Euro in "Märkel" umbenennen, das macht auch keinen Sinn, aber: Kohl würde kotzen.
Bis vor Kurzem hat Deutschland China Entwicklungshilfe gezahlt. Jetzt bettelt die EU bei China um Geld. Wird der Spieß jetzt umgedreht?
Saab, Volvo, die Erdwärme Islands oder der Containerhafen von Piräus: da sind schon Leckerchen bei den chinesischen Investments dabei. Im Gegenzug erwartet China seine Anerkennung als "Marktwirtschaft", was noch nicht vielen kommunistischen Parteien gelang und erheblich Vorzüge im Handel brächte. Schlechte Nachrichten für den Dalai Lama, die Demokratiebewegung und Obama: Der Dollar ist unterm Firniss längst ein China-Kracher, und wenn die Chinesen lieber in Euro-Anleihen investieren, wird es für US-Staatspapiere enger. Hoffentlich haben die das mit der Entwicklungshilfe nett gefunden von uns Pappgermanen.
Als Merkel und Sarkozy nach dem Gipfel-Marathon vor die Kameras traten, wirkten beide sehr übermüdet. Jeder Basketballtrainer hätte da schon längst ausgewechselt, warum können wir das nicht?
Merkels Claim "Sorgfältigkeit vor Schnelligkeit" heißt auf Deutsch "Sorgfalt vor Tempo", oder er soll auch so was Äußerliches aussagen. Immerhin hatten die beiden noch ein dröhnendes Schmunzeln am Lager für Berlusconi, dem die Mundwinkel beim nächsten Termin in der Änderungsfleischerei direkt an die Ohrläppchen getackert werden. Auf der Reservebank saß entmündigt das EU-Parlament, und immerhin können die beiden Titanen den Chinesen sagen: Hey, Demokratie, das nehmen wir doch auch nicht so ernst.
Die Bundeswehr schließt jetzt 33 ihrer Standorte in Deutschland. Was haben die denn dort eigentlich die ganze Zeit gemacht, wenn unser Land trotzdem sicher bleibt?
Sie haben die sogenannte "standortnahe Unterbringung" ermöglicht. Wer jetzt noch zum Bund geht, muss richtig waffengeil sein oder seinen Staatsbürger kaum noch bändigen können - er muss weit weg von zu Hause und echt skurrile Gegenden bevölkern wollen.
Bei den ersten freien Wahlen in Tunesien gewann die religiös geprägte Partei Ennahda. Droht dem Land jetzt das Schicksal von Bayern?
Die Idee, bei bayerischen Landtagswahlen das gewünschte endgültige Endergebnis von Nato-Bombern über München abwerfen zu lassen, hat Charme. Immerhin jedoch gibt es auch dort Zeichen demokratischen Frühlings. In den Neunzigern hat die EU - vorneweg Frankreich - Wahlen im benachbarten Algerien abbrechen lassen, um statt einer siegreichen Islampartei eine Militärjunta zu unterstützen. Es ist Fortschritt, diesmal die Wahl zu respektieren.
Auf dem Cover ihres Buches spielen Exkanzler Helmut Schmidt und Peer Steinbrück Schach. Das Brett liegt aber falsch herum. Ein unabsichtlicher Fehler oder die Nachricht: Ich gehe meinen eigenen Weg!
Schmidt hat die SPD zerrissen mit seiner Nachrüstungspolitik, Linke und Junge aus der Partei gegrault, die Gründung der Grünen wesentlich befördert und auch als fideler Pensionär der NS-Wehrmacht ein gutes Zeugnis ausgestellt. Das Buchcover enthält also zwei weitere Fehler: Schmidt und Steinbrück. Der klingt nur massiver als Holzweg. Herhören, SPD: Wenn man einen Bauern auf die gegnerische Grundlinie durchbringt, darf man ihn in eine beliebige Figur verwandeln. Ist Steinbrück ein Bauer, und - welche Dame?
Die Bundesregierung will den gelben Sack abschaffen. Wird Brüderle in seinem Alter einen neuen Job finden?
22 Cent Strafabgabe auf Plastiktüten fordern die Grünen. Einmal findet der Vatikan die dufte.
Und was machen die Borussen?
Schlagen Piräus und bleiben im Wettbewerb.
FRAGEN: FSEI, SFI
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