Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbuch?
Guttenberg ist eine Wurstpelle, Erdogan ein Prahlhans und Beleidigungsgesten für Naziopfer kommen zu spät.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Immer muss ich Merkel loben, weil sie bei den "Eurobonds" bremst.
Was wird besser in dieser?
Sie bremst weniger.
Bundespräsident Christian Wulff hat eine zentrale Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Gruppe angekündigt, eine Kommission soll deren Taten aufklären. Sind die deutschen Alltagsrassisten damit fein raus?
Traurig ist nicht die Geste jetzt, sondern: keine Geste damals. Der rot-grüne Innenminister Schily etwa dekretierte tags nach dem "Nagelbombenattentat" von Köln, nichts deute auf einen terroristischen Hintergrund, eher handele es sich um eine Tat "im kriminellen Milieu". Das heilte Wulff nicht, wenn er jetzt schwiege; das heilte eher Gabriel, als er nun den Tatort besuchte und erklärte "Wie wir damals damit umgegangen sind, war demütigend und beleidigend." Wie er den Hassprediger Sarrazin nicht aus der Partei wirft, auch; und wie Schily bis heute dazu schweigt, erst recht.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland empfohlen, sich im Hinblick auf die Aufarbeitung der Neonazi-Morde an der Türkei zu orientieren. Wer schenkt Erdogan einen Globus mit Armenien drauf?
Erdogan hat gerade eine Entschuldigung abgegeben für ein Massaker des türkischen Staates an Kurden. Zwar, um bei der Gelegenheit die Opposition zu dissen und EU-Beitrittsbedingungen zu erfüllen. Doch das ist ein Meilenstein. Weitere Er- und Bekenntnisse, zu Armenien auch, mögen folgen. Dass Merkel bei Erdogans Besuch das Thema EU-Mitgliedschaft niederschwieg und an der Sonderbehandlung "privilegierter Partner der EU" festhält, kriegt sie nun halt in Form weiser Ratschläge zurück. Erdogans Prahlerei bezieht sich auf seine Idee, 200 Militärs in Haft zu halten, denen er einen Putschversuch anlastet: Der Vergleich ist wirklich schief, die Bundesregierung wird den Verfassungsschutz nicht inhaftieren. Obwohl … mal so als Gedanke … hm.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Portugals auf Ramschniveau herabgestuft, nach erneut gescheiterter Regierungsbildung könnte demnächst auch Belgien in den Staatsbankrott rutschen. Was ist nun zu tun? Eurobonds kaufen oder sich die Schuldenkrise lieber in der Kneipe schönsaufen?
Man kann 1. die Einnahmen verbessern, also etwa Reichtum besteuern und Steuerflucht bekämpfen. Man kann 2. die Ausgaben mindern, also etwa hirnige Subventionen kürzen und Kräfte auf soziale Aufgaben konzentrieren. Beides hatte die Bundesregierung angekündigt und nichts davon getan. Dann kann man 3. mit den Nachbarn darüber reden, wie man diese Ziele europaweit einvernehmlich angeht. Und dann schließlich und zuletzt Verantwortung übernehmen für schwächere Partner. Merkel lässt die ersten drei Schritte weg und legt mal gleich bei Nr. 4 - Rauszögern der Hilfe - los. Dadurch wird der Schritt nicht falsch. Nur sinnlos. Die Banken und ihre Ratingbüttel greifen bei den Punkten eins bis drei an.
Das Strafverfahren gegen Karl-Theodor zu Guttenberg wird gegen eine Zahlung von 20.000 Euro an eine Hilfseinrichtung eingestellt, in einem großen Interview mit der Zeit spielt der Freiherr seine Plagiate herunter. Verpflichtet Adel zu Schamlosigkeit?
Guttenberg nennt es "die größte Dummheit meines Lebens". Gemach, Euer Rohheit, Sie sind doch noch jung! Guttenberg hat im Wirtschafts- wie im Verteidigungsministerium Unfallflucht begangen und steht inhaltlich für lautes Getöse, und hinterher muss jemand aufräumen. Mal abseits von "Kommt er zurück" oder "Kommt er später" - "oder nie": Wer zum Himmel braucht den? Welchen Aufmacher druckte die Zeit zu Ehren Scharpings, wer wollte ein nettes Wochenende mit dem gestürzten Möllemann verschriftlichen? Wenn es zu kompliziert ist, eine Wurst zu kaufen, bringen sie uns eine Pelle und bejubeln die. Die können mich doch mal am Naturdarm.
Und was machen die Borussen?
Selbst bei Liveübertragungen in fußwegnaher Kneipe bevorzuge ich oft das "BVB-Netradio", wo Stadiontitan Norbert Dickel beseelt ins Mobiltelefon brüllt. Eine kritische Würdigung der Schiedsrichterleistung ("Du Blinder") kostete ihn jüngst 3.000 Euro Strafe vom DFB, und mit jeder Zeile lebt der Mann seinen Claim "Wenn uns jemand schlägt, tut er mir persönlich weh". Der "Held von Berlin" wurde am Sonntag 50 Jahre alt, und wenn man ihm was schenken wollte, dann ein 2:0 gegen Schalke. Aber der hat ja schon alles!
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