Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Wie Berlins Flughafen Brandt ehrt, wer hinter Schlecker steckt und wie wir es als Griechen machen würden.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bei Sky gibt es immer noch keinen Kanal, wo man – parallel zum Spiel – abgesteckt 90 Minuten lang die Omme von Ulli Hoeness sehen kann.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die Süddeutsche nimmt schlimme Rache für den Nannen-Preis und zeigt auf Seite 3 jetzt immer aktuell-kritische Aktfotografie.
In Griechenland geht alles den Bach runter, und Europa wundert sich, dass Hellas Radikale wählt. Würden wir in der Situation nicht ähnlich wählen?
Schon passiert. Als bei uns der Sozialstaat geschreddert und die Kohle Banken und Spitzensteuermännern in den Rachen geschmissen wurde, haben die Deutschen sich radikalisiert und sofort eine ostdeutsche FDJ-Sekretärin zur Kanzlerin gewählt. Es war eine schlimme Zeit. In der Folge zersplitterte sich die demokratische Linke in gefühlte dreieinhalb Parteien, deren größte etwa vier Kanzlerkandidaten aufbot. Unser Tipp: Schröder nach Athen, binnen zwei Jahren regiert da die Auslands-CDU.
Obama fordert die Homoehe – sind seine Landsleute auch bereit dafür?
Die Heten müssen ja nicht mitmachen. Obama hatte sich unter allem Druck in die Unkenntlichkeit runterregiert, nun nimmt er endlich wieder ein – für unsere Augen geringes – Risiko. Sicher war der Ansatz, eine gesetzliche Krankenkasse zu schaffen, gesellschaftlich zentraler. Die Homoehe wirkt wie politisches Feuilleton, es wird zeigen, wie viele Amerikaner ihren Weg aus dem 19. Jahrhundert suchen.
Nach der Attacke eines Salafisten auf zwei Polizisten fordert Innenminister Friedrich mehr Härte, spricht von „Religionskrieg“. Ist das bei ihm Befürchtung oder Wunschdenken?
Ein Angebot. Friedrich signalisiert den Fundis, dass sie ihn ihm stets einen angemessen irres Gegenüber zum Spielen finden werden: einen Innenminister, der beim Stichwort „Deeskalation“ hilflos zum Dolmetscher guckt. Sprachkompetenz ist halt das A und O in der Integrationspolitik.
Die Eröffnung des Flughafens in Schönefeld kann nicht eingehalten werden. Ließ sich die Blamage vermeiden oder liegt Scheitern in der Natur von Großprojekten?
Namenspatron Willy Brandt soll sich gelegentlich mit Gemütsverstimmung ein paar Wochen zurückgezogen und den Regierungsbetrieb vorübergehend eingestellt haben. Der Flughafen macht ihm Ehre. Besser als Münchens Franz-Josef-Strauß-Airport, wo die Piloten streng genommen nüchtern gar nicht fliegen dürften.
In Schleswig-Holstein wird gerade eine „Dänenampel“-Koalition aus SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband geschmiedet. Darf der Däne den Deutschen regieren?
In Polen oder Belgien genießen die deutschstämmigen Minderheiten politische Privilegien wie Schutzklauseln oder garantierte Senatorenämter. Das wäre ein hübsches Krisenexperiment: keine 5-Prozent-Hürde für eine türkisch-deutsche oder Polonia-Partei. In Brandenburg würden Sorben ohne Hürde antreten dürfen – und prompt tun sie es erst gar nicht. Immerhin regieren in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten Bayern mit. Wofür auch immer das sprechen mag.
Zur Aufklärung der NSU-Morde betrieb Nürnbergs Polizei ein halbes Jahr lang zum Schein einen Dönerimbiss. Wie der Polizeidöner wohl geschmeckt hat?
Innenveteran Otto Schily hat sich immerhin entschuldigt für den demagogischen Irrsinn, der sich im Unwort und Fahndungsansatz „Dönermorde“ spiegelte. Als Nächstes wüsste ich gern, wer hinter der fadenscheinigen Fassade „McDonald’s“ steckt. Verdeckte Buletten ? Bei Schlecker tippe ich auf den bewaffneten Arm der FDP.
Von Charlotte Roche bis Volker Kauder – alle reden über Urheberrecht. Warum meinen aktuell so viele deutsche Künstler, vor der Piratenpartei schützen zu müssen?
Deutschland trägt seinen einzig marktfähigen Rohstoff unter der Frisur spazieren, und es ist das Verdienst des Piraten-Phänomens, dass wir neben Seltenen Erden auch mal über seltene Ideen diskutieren. Der Status des Urhebers ähnelt bisher zumeist dem organisierter Enteignung. Manche Piraten wollen das, alle Piraten wollen das regeln. Guten Morgen, Altparteien.
Und was machen die Borussen?
Aus dem Kachelparadies des Olympiastadions wurde die mitgehörte kluge Frage eines BVB-Fans berichtet: „Warum siegen, wenn man auch demütigen kann?“ Ungeklärt blieb in der Nachbereitung, ob der „Supercup“-Meister gegen Pokalsieger diesmal durch ein anderthalbstündiges Selbstgespräch von Kevin Großkreutz ersetzt wird. Würden wir gucken. FRAGEN: EW
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind