Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Rainer Brüderle wird „Stern“-Chefredakteur, Schavan bald Steuerberaterin und Obama lässt Banker erschießen – jedoch nicht in New York.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Alle Prognosen zur Niedersachsenwahl.
Und was wird besser in dieser?
Das Rennen scheint wieder offen.
Rainer Brüderles Anmache gegenüber der „Stern“-Journalistin Laura Himmelreich hat die Debatte um Sexismus im beruflichen Alltag losgetreten. Verliert Brüderle jetzt seinen Chef-Stuhl in der FDP?
Er wird Chefredakteur des Sterns. Dort wurden im abgelaufenen Jahr Aufmacher wie „Weg mit dem Speck“ – „Partnerbörsen“ – „Entspannt abnehmen“ rein dokumentarisch mit Nacktfotos von Frauen auf dem Titel verkauft. Wer mit älteren Herren über Sexismus streiten möchte, muss nicht bis zum FDP-Parteitag fahren; statt Brust im Dirndl genügt da Arsch in der Hose. Eine junge Journalistin eines Wochenmagazins lernt bei dienstlichen Terminen einen deutlich älteren, verheirateten Politiker kennen – und die Begegnung wird außerdienstlich. Schön, dass es bei Doris und Gerd Liebe wurde; schön, dass Frau Himmelreich sich einer unerwünschten Wendung erwehrt und viel Unterstützung erfährt. Fertig. Jetzt wimmelt es von Schlagzeilen wie „Männer sind?“ , „Frauen sind?“, und die sind strukturell nicht intelligenter als „Moslems sind?“, „Juden sind?“, nämlich bescheuert.
Barack Obama hat vergangene Woche offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Welchen Terroristen lässt er diesmal erschießen?
Banker. Er hat die ausgewiesene Terror- und Mafia-Fahnderin Mary Joe White zur Chefin der Börsenaufsicht nominiert; das ist so, als würde Angela Merkel Chuck Norris mal bei der Deutschen Bank vorbeischauen lassen. Trost für Wall Street: Im Staat New York wurde die Todesstrafe 2004 abgeschafft.
Die ägyptische Revolution hatte 2011 ihren Durchbruch. Angela Merkel empfängt diese Woche den neuen Staatspräsidenten Mohammed Mursi. Was wird die Kanzlerin ihm wohl sagen?
Deutschland ist drittgrößter Handelspartner Ägyptens, und das wird zwischen allen Zeilen stehen. In den Zeilen selbst wird also Merkel die Todesstrafen gegen Fußballrowdies unterbringen müssen, den Rauswurf der Adenauer-Stiftung, die Behinderung der Opposition, die Missachtung der Menschenrechte, die Lage Israels und die europäische Politik in Mali. Mursi wird auf seine vom Volk angenommene Verfassung und die bevorstehenden demokratischen Wahlen hinweisen. Keine Ahnung, wie die das machen, es ist kein Termin, um den man Merkel beneiden müsste.
Welchen Job kann Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan übernehmen, wenn sie ihr Forschungszertifikat, den Doktortitel, abgeben muss?
Selbst eine Rückkehr in ihren bürgerlichen Job wäre humorig: Sie war Geschäftsführerin des Cusanuswerks, das „besonders begabte katholische Studierenden bis zum Studienabschluss fördert“. Vielleicht Steuerberaterin für Abschreibungsmodelle.
David Cameron hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos die EU kritisiert und einen Beitritt zur Eurozone erst einmal ausgeschlossen. Denken die BritInnen denn genauso?
Er hat sich ein populistisches Ticket gekauft, jederzeit mit seiner Volksabstimmung drohen zu können. Oder sie rhetorisch verbrämt wieder einzukassieren oder zu dem Zeitpunkt eh nicht mehr zu regieren. Großbritannien wird aus der EU nicht rausgehen, solange es dort die Drohne der USA gibt.
Die Bundesregierung hat sich jetzt für bewaffnete Drohnen ausgesprochen. Wird das ferngesteuerte Töten bald normal für Deutschland?
Da schwebt ein bizarres Verständnis mit der Drohne um die Wette. So als sei Töten ritterlicher, wenn man immerhin riskiert, selbst auch getötet zu werden. Als sei Mord eine Frage des Abstraktionsniveaus: Der Pilot, der aus 10 Kilometer Höhe eine Bombe ausklinkt; oder der Offizier, der vom Schreibtisch aus den Angriff auf den Tanklastzug bei Kunduz befehligt – prinzipiell das Gleiche. Die Wortwahl Drohne übrigens – männliche Biene, die nach Befruchtung der Königin tot vom Himmel fällt – ist zirka 9,9 Brüderle.
Apple hat der Zuliefererfirma in China gekündigt, weil sie Minderjährige unter 16 Jahren beschäftigte. Können wir uns endlich mit gutem Gewissen alle ein iPhone zulegen?
Kann man noch irgend etwas bei Ikea kaufen, an diesem Maßstab gemessen ?
Und was machen die Borussen?
Freunde hatten ihren halben Kleiderschrank an, um bei minus 3 Grad das Heimspiel gegen Nürnberg zu sehen. 80.000 Michelin-Männchen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen