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Die Werbe-RetourkutscheMicrosoft greift Apple an

Nachdem Spots mit dem Comedian Jerry Seinfeld nur wenig ankamen, ändert der Softwareriese seine Strategie: Mit einer neuen "I'm a PC"-Reklame attackiert er Apple direkt.

Microsofts neue Werbekampagne: Stimmt ja gar nicht, dass nur Mac-Nutzer cool sind - zumindest nicht alle. Und nicht alle PC-Nutzer sind Spießer. Bild: screenshot http://imapc.lifewithoutwalls.com

Microsoft leidet. Der Softwaregigant macht zwar nach wie vor mit seinem Betriebssystem Windows und dem Büropaket Office ein einträgliches Milliardengeschäft, doch von Nutzerseite hagelt es seit Monaten Kritik. Vista, der Nachfolger des populären Windows XP, wird wesentlich schleppender angenommen, als sich dass der US-Konzern erhofft hätte - auch viele geschäftliche Verwender bleiben lieber beim alten System. Hinzu kommt, dass Apple mit seiner Betriebssystem-Alternative Mac OS X Boden gut zu machen scheint. In anderen Bereichen wird der IT-Riese ebenfalls attackiert: Bei den Smartphones macht Apples iPhone der Microsoft-Lösung Windows Mobile Konkurrenz und im Musikspielergeschäft ist Apples iPod sowieso seit Jahren vorne.

Höchste Zeit also, dachte man sich am Microsoft-Firmensitz in Redmond, endlich zurückzuschlagen: Im Sommer kündigte das Unternehmen eine 300 Millionen Dollar schwere Werbekampagne an, mit der insbesondere das Image von Windows gerade gerückt werden sollte. Die ersten Spots dazu liefen im September. Ausgerechnet den alternden Comedian Jerry Seinfeld, dessen letzte Sendung zehn Jahre zurückliegt, holte man ins Boot - für kolportierte zehn Millionen Dollar, dabei galt der bislang gar nicht als Windows-Nutzer, sondern als Apple-Freund.

In zwei Spots, die in Blogs und IT-Fachkreisen für viel Kopfschütteln sorgten, trafen Seinfeld und Microsoft-Gründer Bill Gates zusammen, unterhielten sich über Schuhe und "lebten" dann für einige Wochen in einer einfachen amerikanischen Familie, um zu sehen, "wie wirkliche Menschen leben". Microsoft verteidigte die Kurzfilme über seine Presseabteilung: Sie seien als "Türöffner" für die nun folgende "echte" neue Windows-Kampagne gedacht gewesen. Allerdings wurde ein dritter, bereits gefilmter Spot mit Seinfeld erst gar nicht gezeigt.

Wie die neue Kampagne aussieht, ist seit Donnerstag bekannt, als erste Spots im US-Fernsehen liefen. Unter dem Motto "Leben ohne Mauern" (ein Hinweis auf Windows, zu Deutsch: "Fenster") greift Microsoft nun den Konkurrenten Apple direkt an. Dessen "Get a Mac"-Kampagne macht sich seit 2006 über die Probleme lustig, die reguläre Windows-PCs plagen - von Virenattacken über Ärger bei der Installation neuer Peripherie bis hin zu Bedienschwierigkeiten bei Vista. Dargestellt wird dies durch zwei Charaktere: Den (durchaus liebenswerten) "PC" spielt der US-Komiker John Hodgman, den "Mac", der dem stets gegenüber gestellt wird, der (manchmal etwas arrogante) Jungschauspieler Justin Long.

Microsoft greift das nun auf: Die neuen Spots laufen unter dem Motto "I'm a PC" - den Satz, den Hodgman immer sagt, bevor er in der Apple-Werbung in die nächste Technikfalle tappt. Dazu hat die Werbeagentur des Softwarekonzerns Dutzende PC-Nutzer aufgefahren, die erzählen, dass sie "ein PC sind" - und was sie gerade tun. Ein paar Promis hat Microsoft ebenfalls verpflichtet: Gates spielt wieder mit, die Schauspielerin Eva Longoria und der Lebenshilfe-Autor Deepak Chopra sind außerdem dabei. Nur Seinfeld durfte nicht mehr mitmachen.

Reklameexperten sind sich uneinig darüber, ob die neue Kampagne verfängt - oder Microsoft eher schadet. "Die Rolle als Opfer passt für mich nicht zu Microsoft", meint die Werberin Kathy Sharpe von der New Yorker Agentur Sharpe Partners gegenüber dem IT-Nachrichtendienst "CNET". Tatsächlich wirkt die Kampagne so, als habe Apple Microsoft schwer zugesetzt. Dabei kann keine Rede davon sein, dass sich die Marktgegebenheiten geändert hätten: Zwar verkauft Apple mehr Mac-Rechner als je zu vor. Doch der Anteil am PC-Verkauf liegt nach wie vor nur bei rund 10 Prozent. Microsoft müsste sich also über die Seitenhiebe gar nicht aufregen. "Microsoft ist kein Opfer", meint Sharpe, "Apple ist da smarter".

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