piwik no script img

Die Weltbank schlägt AlarmGemeinsam abwärts

Die Weltbank warnt, dass die Weltwirtschaft zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg zu schrumpfen droht. Am schlimmsten sind die Ärmsten betroffen. Weltbankpräsident Zoellick drängt zum Gegensteuern.

Die Wirtschaftskrise macht vor keiner Gegend auf dem blauen Planeten halt. Bild: dpa

WASHINGTON/SINGAPUR dpa/epd/taz Die Weltbank schlägt Alarm: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg droht die gesamte Weltwirtschaft zu schrumpfen, warnt die Organisation in einer am Sonntag veröffentlichten Studie. Für das Weltwirtschaftswachstum enthielt sich die Weltbank einer konkreten Prognose, anders als für den Welthandel und die Industrieproduktion: Der Welthandel werde demnach 2009 den stärksten Rückgang seit 80 Jahren erleiden, und die globale Industrieproduktion könnte Mitte des Jahres um 15 Prozent unter dem Wert des Vorjahres liegen. Die Weltbank will die Zahlen am Samstag bei einem Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der G 20, der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, präsentieren.

Diese Vorhersagen sind deutlich pessimistischer als jüngste Erwartungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der ging noch in der vergangenen Woche von einem weltweiten Wachstum von 0,5 Prozent aus, schloss aber nicht aus, dass diese Vorhersage nach unten korrigiert werden muss. Als Rezession gilt ein globales Wachstum von weniger als 3 Prozent.

Am stärksten von der Krise getroffen werden, so befürchtet die Weltbank, die Entwicklungsländer. Sie schätzt allein die finanziellen Ausfälle der Dritten Welt im laufenden Jahr auf 213 bis 553 Milliarden Euro. Besonders bedrohlich sei, dass nur ein Viertel der anfälligsten Staaten eigene Mittel hätte, um die sozialen Folgen der Krise abzufangen und einen Anstieg der Armut zu verhindern.

Der Chefökonom der Weltbank, Justin Yifu Lin, fordert daher ein Rettungspaket für die Ärmsten. Die reichen Länder sollten einen Teil ihrer Konjunkturprogramme auf Entwicklungsländer ausrichten. Dort könnten Engpässe, die das Wachstum abschnüren, beseitigt und die Nachfrage rasch wieder angekurbelt werden.

Weltbankpräsident Robert B. Zoellick drängt zu gemeinsamem Handeln. "Diese globale Krise bedarf einer globalen Lösung", mahnt der US-Amerikaner und verweist auf die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen dem armen und dem reichen Teil des Globus. "Eine ökonomische Katastrophe in Entwicklungsländern zu verhindern ist wichtig für die weltweiten Bemühungen, die Krise zu überwinden." Zoellick fordert Investitionen in Sicherheitsnetze, Infrastruktur, kleine und mittlere Unternehmen, um Arbeitsplätze zu schaffen und soziale und politische Unruhen zu verhindern.

Laut der Studie der Weltbank geht in 94 von 116 untersuchten Entwicklungsländern das Wirtschaftswachstum zurück. Ein Grund ist der Fall der Rohstoffpreise. Bisher treffe die Krise besonders die dynamischsten Wirtschaftszweige, vor allem Exportfirmen in städtischen Gebieten, aber auch den Bau, den Bergbau und die Industrie.

Die Finanzkrise vernichtete laut einer Studie der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) weltweit Vermögenswerte von 50 Billionen Dollar, also 39,4 Billionen Euro. Asien sei stärker betroffen gewesen als andere aufstrebende Regionen. Dort seien 9,6 Billionen Dollar vernichtet worden, etwas mehr als das Bruttoinlandsprodukt eines ganzen Jahres, berichtete die Entwicklungsbank am Montag an ihrem Sitz in der philippinischen Hauptstadt Manila. Der ADB-Präsident Haruhiko Kuroda sprach von der schlimmsten Krise seit der großen Depression im vorigen Jahrhundert. "Ich fürchte, es wird alles noch schlimmer, bevor es besser wird", sagte er. Mit einer Erholung der Konjunktur sei erst gegen Jahresende oder Anfang kommenden Jahres zu rechnen.

Düstere Prognosen gibt es auch zu Afrika. Der IWF ermittelte einen zusätzlichen Kreditbedarf in Höhe von mindestens 25 Milliarden Dollar für die ärmsten 22 Länder. Der Fehlbetrag könnte aber rasch auf 140 Milliarden steigen, warnte IWF-Präsident Dominique Strauss-Kahn. Nach einer Analyse der entwicklungspolitischen Organisationen erlassjahr.de und der Kindernothilfe droht sieben afrikanischen Staaten Zahlungsunfähigkeit, sechs Länder haben ein hohes Risiko für einen Staatsbankrott.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • A
    archimedes

    @ Axel: Falsch, Zinsen sind nicht an sich das Hauptproblem, sie sind an sich überhaupt kein Problem, sondern an sich eine sehr gut begründete Sache, und folgendermaßen (schon in der Steinzeit, noch vor der Geldwirtschaft) entstanden: Fischer A leiht Fischer B für einen Tag sein Boot. B gibt nachher an A aber nicht nur das Boot zurück, sondern auch eine kleine Entschädigung 1. für das Risiko, das A hatte, sein Boot zu verleihen, und 2. für den ganztägigen Ausfall, denn er hatte sein Boot ja einen ganzen Tag lang nicht.

     

    Wann werden das die fundamentalistischen Zinskritiker/innen eeeeeendlich kapieren?

     

    Ähnlich sind auch Banken durchaus sinnvoll, sobald es Tauschhandel gibt.

     

    z.B: Fischer A hatte aus verschiedenen Gründen (teilweise einfach riesiges Glück, teilweise vielleicht auch Übervorteilung anderer Leute) viel mehr Tauschwerte als andere, z.B. sagen wir, die Leute dort tauschten mit Perlen. Nun will sich B ein Boot bei C kaufen, der sich auf Bootbau spezialisiert hat. B hat aber gerade leider nicht genügend Perlen oder sonstige Tauschwerte. Daher leiht er sich welche von A. u.s.w.

     

    Etwas ganz a n d e r e s ist es, die extreme Anhäufung von Reichtum zu kritisieren, oder Zinsen, die mit dem ursprünglichen Sinn nichts mehr zu tun haben, oder dergleichen, auch Ausbeutung der Arbeitskraft anderer u.s.w.

     

    Übrigens wäre ich dafür, dass als erster Schritt mal die 100 reichsten Personen der Welt von der UNO zu einer sehr hohen Spende an die Weltbank genötigt werden, zumindest aber zu einem zinslosen Darlehen an dieselbe. Das Geld sollte dann in wirklich den allerärmsten Menschen zugute kommende nachhaltige Entwicklungsprojekte fließen, so ähnliche wie http://www.greenbeltmovement oder http://www.tiloo.ch oder solche, wie sie Oxfam u.a. koordinieren. Auch z.B. erneuerbare Energien wie die Geothermie könnte Green Jobs in Afrika u.s.w. schaffen und zugleich den Ärmsten zugute kommen, wenn es richtig gemacht würde (was freilich der Weltbank nur bedingt zuzutrauen ist).

  • AD
    Axel Dörken

    Genial! Die Weltbank, also die Hauptinstitution derer, die das Zinsproblem und damit erst die finanziellen Probleme der Gläubiger anbieten, die Bank also, die die Mutter der Finanzprobleme ist, weißt nun darauf hin wie schlimm es ausschaut.

     

    Ich glaube erst dann, dass sie es ernst meint, wenn öffentlich damit begonnen wird darüber nachzudenken, wie das Zinsproblem geregelt werden kann. Klar, Abschaffung der Zinsen ist die eine Seite der Medaille. Eine Anhebung der Geldmenge (in der Höhe, wie Zinsen ausgegeben werden) ist die andere.

     

    So lange Zinsen gefordert und angeboten werden, die Geldmenge aber nicht wächst, wird irgendwem das Geld abgenommen werden müssen, damit ein andedrer von dessen Geld Zinsen zahlen kann. Und die wenigsten geben es freiwillig ab.

     

    Insolvenzen sind die logische Folge. Privatpersonen, kleine Firmen, Mittelständler, Großunternehmer, Staaten. All das erleben wir in den letzten Monaten als Start einer noch nie dagewesenen Insolvnezwelle.

     

    Macht nur weiter Weltbank und IWF. Ihr macht schon euren Profit auf anderer Leute kosten. sich dann aber mokieren, dass es so nicht gehen kann und zu erneuten Krediten aufrufen, widerspricht der Aussage von Albert Einstein: "Mit den selben Methoden, mit denen wir die Probleme erschaffen haben, können wir sie nicht lösen."

     

    Um-DENKEN! Um-ORIENTIEREN! Das wär doch mal was. Keine Flickschusterrei mehr. Keine lediglich 10-20% die am Kapitalsimus überproportional verdienen, sondern ein Sozialkapitalismus für alle. - Utopia?

     

    "Es funktioniert alles sehr gut, was nicht funtionieren kann." KulturImpuls Grundeinkommen

     

    Das BGE, wenn es in einem Dorf in Namibia funktioniert, was der Fall ist, auch gegen die vorausgegangen Falschaussagen zum Thema Kosten, die Manager des IWF abgaben, weil sie, wie sie offen zugeben, gegen das BGE sind, funktioniert bei uns auch.

  • T
    Tunichtgut

    "Als Rezession gilt ein globales Wachstum von weniger als 3 Prozent"

     

    In diesen einen Satz steckt die gesamte Antwort auf die Frage der Krise.

     

    Gegenfrage an die ganz Schlauen Ökonomen:

     

    Ein jährliches Wachtum von 3% wäre doch ein exponentielles Wachstum. Wie lange kann ein Planet mit begrenzten Ressourcen dem standhalten?

    Diese Wesen der Ökonomie müssen doch hirntod sein! Und von diesen Träumern und Märchenfängern werden wir regiert!

  • E
    Evolution

    Na super!

    Eine künstliche Krise genau zur rechten Zeit...

    Die zentrale Weltregierung ist auch nicht mehr fern.

    Gute Nacht Mensch

  • V
    vic

    Gerade in solchen Zeiten wird es die Wohlhabenden NOCH weniger jucken, ob, und wie viele Arme verrecken.

    Es wird große Worte geben beim Gipfel, gute Speisen und eindrucksvolle Grinsebilder für´s dumme Volk.

    Same procedere as everytime, nur weitaus schlimmer als gewohnt.

  • V
    vic

    Gewissenlos. Nur einer von vielen Fällen:

     

    "Sie galten als so bescheiden, die Vorstände der Postbank. Nun ist klar, dass sie am Verkauf des Instituts extra kassierten. Allein Bankchef Klein strich 3,3 Millionen ein."

     

    Aktuell aus der Sueddeutschen.

  • R
    RaptorJesus

    Schafft die Kredite, Zinsen und Zinseszinsen ab.

    Mit denen hat alles Angefangen.

  • D
    Doomsday

    Die "Hilfe" der Weltbank ist sicherlich die letzte Organisation, welche die "Entwicklungsländer" benötigen.

     

    Zu den 50 Billionen.

     

    Welche Werte sollen denn bisher vernichtet worden sein? Ist doch noch alles da, Maschinen, Fabriken, Autos, Konsumprodukte Häuser etc...

     

    Geändert haben sich nur die Preise von Dingen, welche durch ungehemmte Kreditexpansion bis ins unendliche inflationiert worden sind und aktuell mit unserem Steuergeld auch noch weiter inflationiert werden. Geändert haben sich auch die Preise von Versprechen, die noch nie einen Wert hatten aber dennoch teuer verkauft wurden.

     

    Real vernichtet werden aber die Ansprüche von Millionen Menschen an Sozialsysteme, die ihre Konsumansprüche in der Vergangenheit zugunsten Dritter nicht realisiert haben.

     

    Sie werden erkennen daß ihre Arbeitsleistung von andereren gefressen wurde, sie aber nichts zurück erhalten werden, wenn sie die Ansprüche benötigen.

     

    Und dann wird es Krieg geben...

  • WL
    Werner Lorenzen-Pranger

    Meine Güte, all das ist seit dem Beginn der 70er bereits ein alter Hut. Nur, daß das niemand bisher ernst nahm ist allerdings eben so schlimm - wie es folgerichtig zu erwarten war.