: Die Welt in der Teeschale
■ Japanische Teezeremonie im Überseemuseum / Wir cha-jin auf dem cha-do
In England ist es wie eine Manie. Um fünf Uhr nachmittags stellt sich unweigerlich Teedurst ein. Selbst die warme Mahlzeit zu Abend heißt tea. Wir Deutschen, sind da profaner. Klingelt es an der Tür, ist unsere erste Frage: „Willst'n Tee?“ Ökos holen dann den Petersilientee, andere bereiten einen Beutel-Aufguß.
Das ist in Japan anders. Vorausgesetzt, die Gastgeberin beherrscht die Kunst des cha-do, des „Teeweges“. Die Wahlbremerin Keiko Mano-Kriegeler brauchte zwei Jahre, um in ihrem Heimatland die Zubereitung des Leichten Tees zu lernen. Denn wenn sich JapanerInnen Tee-Gäste einladen, dann hocken sie nicht locker auf den Tatami-Matten und diskutieren die letzten Sumo-Ergebnisse. Es herrscht eine meditative Stille, gesprochen wird wenig, die geistige Erbauung steht im Vordergrund.
Im Rahmen der Austellung „Wege des Tees“ zelebriert Mano-Kriegeler-San im Überseemuseum die japanische Tee-Zeremonie Cha-no-yu. Was einfach „heißes Wasser mit Tee“ heißt. Neben der Version des Leichten Tees gibt es auch die Zubereitung des Starken Tees. Hierbei trinken die cha-jin, die Teemenschen, alle aus einer Schale. Nacheinander und nach strengen Regeln.
Bei einer Demonstration am Mittwoch bekamen die Gäste eine eigene Schale — und einen tiefen Einblick in die Tee-Tradition im Land der aufgehenden Sonne. Zwar mußten sie nicht, wie bei offiziellen Tee-Häusern üblich, durch die hüfthohe Eingangstür kriechen, die „alle gleichmacht“. Aber eine halbe Stunde auf den Hacken sitzend konnten sie sich mit den Ornamenten auf den Schälchen ebenso vertraut machen wie mit dem Kalligraphie- Rollbild an der Wand oder dem Ikebana-Gesteck in der Ecke. Denn das gehört genauso dazu wie ein Schluck des bitteren Gebräus.
Eine Tee-Zeremonie ist ein gesellschaftlicher Anlass und eine Kunstausübung gleichermaßen. Wehe, der grüne Pulvertee ist nicht frisch oder das Holzkohle- Feuer zum Erhitzen des Wassers nicht heiß genug. Die Peinlichkeit vor den Gästen wäre nicht zu ertragen. Jede Umrühr-Bewegung mit dem Tee-Besen ist vorgeschrieben, denn in der Stille des Augeblicks zählt nicht der schnöde Genuß des Durstlöschens, sondern das umfassende Bewußtsein, alle Sinne unter Kontrolle zu haben. Denn:“Tee und Zen sind eins.“ Francke-San
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