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■ BUNSENBRENNERDie Weisheit in der Muttermilch

Saugen Babys die Weisheit mit der Muttermilch auf? Wiederholt haben Wissenschaftler festgestellt, daß Säuglinge, die sich an Mutters Brust laben, zu „intelligenteren“ Menschen werden als Flaschenkinder. Bisher ernteten diese Studien berechtigtes Mißtrauen: Nicht Mutterns Milch, sondern die mit dem Stillen verbundene Zuneigung, Wärme und Geborgenheit sorge für Babys geistigen Höhenflug.

Diese Faktoren haben Wissenschaftler des britischen „Medical Research Council“ (Cambridge) in ihrer neuen Studie berücksichtigt und dennoch: Muttermilch- Kinder übertrumpften Flaschen- Kinder im IQ-Test. Das Forschungsteam untersuchte Frühgeburten, denen die Energie zum Saugen fehlt und die deshalb künstlich ernährt werden müssen. 193 der Babys bekamen entweder Muttermilch pur oder Muttermilch plus Flaschennahrung. 107 andere Babys mußten sich mit reiner Flaschenkost begnügen. Alle Zöglinge absolvierten im Alter von acht Jahren einen IQ-Test. Und siehe da: Muttermilchkinder lagen im Schnitt zehn Punkte vor den Flaschenkindern. Wurden sozialer Status und Ausbildung der Mütter berücksichtigt, betrug der Vorsprung noch acht Punkte.

Gibt es also einen magischen Stoff in der Muttermilch, der Licht ins Dunkle unter die Schädeldecke bringt? Vielleicht erhellt er auch noch uns Erwachsene? Sicher wird die Studie manchen Forscher dazu animieren, Mutterns Milch noch genauer zu analysieren, fragmentieren, pulverisieren und chromatisieren, um den Wunderstoff aufzuspüren. Behandeln Mütter, die für ihr Frühgeborenes Muttermilch absaugen, ihre Sprößlinge nicht auch später anders als Mütter, die zum Trockenpulver greifen? Und was überhaupt sagt der Intelligenzquotient eines siebenjährigen Kindes aus?

Der Vorteil von Muttermilch ist hinreichend bekannt. Mit der gesunden Kost fließen Antikörper ins schwach ausgebildete Immunsystem des Neugeborenen. Gestillte Kinder werden weniger krank als Flaschenkinder. Vielleicht erklärt dieser Vorteil den Vorsprung im IQ-Test. Dann würde der Unterschied im höheren Alter wahrscheinlich verschwinden.

Besorgte Mütter, die dennoch keine Chance verpassen wollen, um ihre Nachkommen früh auf zukünftige Konkurrenzkämpfe vorzubereiten, sollten sich eine weitere Studie zu Herzen nehmen: Ein US-amerikanisches Team fand heraus, was Babys zum beherzten Trinken an der Brust animiert. „Out“ sind alle alkoholischen Getränke. Stillende Mütter, die — wie oft von Ärzten verordnet — ein Gläschen Alkolholisches zu sich nehmen, um den Milchfluß zu fördern, erreichen das Gegenteil: Baby mag keine mit Alkohol angereicherte Milch. Doch das heißt nicht, daß Mutters Kost fade sein muß. Frauen, die vor dem Stillen eine Knoblauchkapsel schluckten, beglückten ihre Neugeborenen: Baby schmatzte die Koblauchmilch reichlich und oft. Silvia Sanides

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